Grandioser Hardangerfjord
Nachdem wir dem städtischen Treiben in Bergen zugesehen haben und mit der Schnellfähre und 30 Knoten durch den Sognefjord gedüst sind, brauchen wir Entschleunigung. Der Hardangerfjord bietet sich dafür geradezu an. Eine gute Woche erkunden wir auf eigenem Kiel – leider fast immer unter Motor – wandernd und mit dem Fahrrad den Fjord.
Auf dem Weg zum Fjordeingang fällt mir in der Ferne eine merkwürdige Wolkenformation auf, die auf einer hohen Felsenkette festliegt. Ich wundere mich, dass sie sich nicht auflöst oder ihre Form zumindest verändert. Auch der Blick durch das Fernglas bringt keine Klarheit.

Der Folgefonna-Gletscher
Dann begreife ich. Es ist keine Wolke, sondern der Folgefonna-Gletscher, der drittgrößte Festlandgletscher Norwegens. Während unserer Tage im Hardangerfjord werden wir ihn noch von mehreren Perspektiven aus sehen können und immer wieder fasziniert sein.

Für die erste Nacht machen wir an einem Felsen in einer geschützten, ruhigen Bucht fest. So richtig stellt sich noch nicht das Gefühl ein, in einem Fjord zu sein – es sieht eher wie ein See im Alpenvorland aus.

Rosendal – muss man wollen
Am nächsten Tag laufen wir den Hafen von Rosendal an. Doch es ist noch Hochsaison, der Hafen ist rappelvoll und es herrscht eine trubelige Urlaubsstimmung vor. „Bitte, lass uns weiterfahren!“ jammere ich. „Aber das Panorma, guck doch mal das Panorama!“ Der Ort ist wirklich schön umgeben von Wiesen und eingebettet von hohen, beeindruckenden Bergen und soll gute Wandermöglichkeiten bieten. Doch ich höre und sehe nur lautes Hafengewusel.
Auf dem Rückweg, die Urlaubssaison neigt sich dem Ende zu, machen wir doch noch einen Stopp in Rosendal und unternehmen eine schöne Bergwanderung. Ein gutes Stück besteht diese aus Treppenstufen hoch zum Gipfel. Verwundert entnehmen wir einer Tafel, dass diese von Sherpas gebaut wurden, wovon auch die Gebetsfahnen in den Bäumen zeugen.
No risk no fun
Murrend gibt mein Skipper nach, wir fahren eine Seemeile weiter und gelangen in einen wirklich traurigen Vereinshafen: Ein Schlauch, der auf der einen Seite von einer Straße und von der anderen Seite von einem hohen Steinwall begrenzt wird. Wir sind fast froh, als uns beschieden wird, dass hier nur Platz für Vereinsmitglieder vorgesehen ist.
Aber was nun? Es ist 16:00 Uhr, der nächste Hafen ist noch fast 3 Motorstunden entfernt und wenn der auch voll ist? „Bitte nicht nach Rosendal zurück!“ Die Stimmung an Bord könnte besser sein. Letztlich, aber laut knurrend, stimmt mein Skipper der von mir ausgegebenen Desive zu: „No risk no fun!“.
Traumhaftes Sundal
Und sie bestätigt sich schon nach kurzer Zeit, während wir weiter in den Fjord hineinfahren. Die Kulisse wird immer faszinierender. Steile Felsgebilde, Bergkämme mit Wolkentupfern, Wasserfälle, Almen, kleine Ansiedlungen… wir wissen gar nicht, wohin wir gucken sollen.
Mit dem ganz kleinen Hafen von Sundal haben wir einen Traumplatz erreicht: Auf der einen Seite sehen wir die Gletscherzunge vom Folgefonna, auf der anderen Seite das türkise Fjordwasser und ein Alpenpanorama von Feinstem. Wir unternehmen 2 Bergwanderungen (einmal von 0 NN auf 786 NN).




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Wieder nördlich auf Höhe von Bergen
Nach 4 Tagen fahren wir nach Norheimsund und stellen fest, dass nicht Bergen, sondern hier unserer nördlichster Reisepunkt ist. Im Ort können wir unsere Lebensmittelreserven wieder auffüllen und einen Vinmonopol-Laden aufsuchen, vor dem wir fast direkt festgemacht haben. Alkoholverkauf liegt in Norwegen, wie auch in Schweden, in staatlicher Hand. Die Weine sind von sehr guter Qualität, wodurch die Preise leichter zu verschmerzen sind.

Fahrradtour entlang der Uferlinie
Von Jondal aus machen wir eine traumhafte Fahrradtour an der Uferstraße fast bis zum Fjordende nach Utne. Wir radeln teilweise durch Obstplantagen: Kirschbäume voller reifer Früchte unter einem Plastikdach, Apfelbäume als Spalierobst gezogen, Himbeerplantagen …. der Hardangerfjord ist bekannt für seinen Obstanbau.
Die Uferstraße liegt nicht immer am Ufer, es sind dabei in paar kleinere Berge und Steigungen zu bewältigen. Einmal geht es sogar 295 anstrengende Meter hoch. Aber fantastische Blicke über den Fjord bieten mehr als Entschädigung. Manchmal vermuten wir uns eher am Gardasee oder Lago Magiore als im Hardangerfjord. Den Rückweg können wir teilweise mit einer Fähre bewältigen, haben aber dennoch 50 beeindruckende Kilometer mit etlichen Höhenmetererradelt.
Etwas wehmütig verlassen wir den Hardangerfjord mit der Gewissheit, noch längst nicht alles gesehen zu haben. Der Himmel ist verhangen und der Sommer macht hoffentlich nur eine Pause, während wir im Haugesund Station machen.

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