Anke von der Emaloca

Sonne, Wind, Begegnungen

„Rate mal wie viel Uhr es ist!“ „6?“ „Nein, 8 Uhr!“ Pause… „Wow, dann haben wir über 10 Stunden geschlafen!“ Der erste Morgen an Bord fängt mit seligem Grinsen, schon völlig entspannten Gesichtern und mit einem ausgiebigen Frühstück an. Um es frei nach Erich Kästner auszudrücken: “Wir sind so knallvergnügt erwacht …“

Die Sonne lacht, der Wind weht so kräftig, dass wir nicht einmal die Segel anschlagen können, sie müssen weiter in ihren Säcken ausharren. Nach der Windvorhersage wird das wohl noch ein paar Tage so gehen. Unser Effizienzmonster hat keine Chance an Bord.



Aber es gibt noch genug zu tun: Elektrik anschließen (Skipper), all die, wie jedes Jahr von Freundinnen geschenkt bekommenen, Köstlichkeiten verstauen (Smutje).

Der anhängliche E-Auto-Besitzer …


Das Einkaufen in Burg Fehmarn nutzen wir, um unser E-Auto zu laden. Ein Mann fragt, ob er uns helfen kann. „Nein danke, alles okay!“ „Ja, ja, ich sag immer: Früher kaufte man sich einen Hund um ins Gespräch zu kommen, heute ein E-Auto!“ Wir lächeln gelassen. Er begleitet uns ungefragt und zählt alle E-Ladestellen in Burg auf. Ich fange an, großes Interesse an sämtlichen Schaufenstern zu heucheln.

… mit unpassendem Vorschlag


Der anhängliche Herr wechselt das Thema, rollt vor uns ein Plakat auf, es geht um ‚Demenz‘. Es gäbe am Samstag eine Veranstaltung zum Thema, absolut empfehlenswert. Er schätzt uns von oben bis unten ab: „Nicht unbedingt für die Betroffenen, die merken ja wohl nichts mehr, aber für die Angehörigen!“

Mein Skipper antwortet höflich: „Nein danke, aber Samstag geht auf keinen Fall, da hat meine Frau Geburtstag und so ein Thema möchte ich ihr nicht schenken!“ Der Mann gibt auf, verteilt weiter Plakate und wir gehen - immer noch knallvergnügt -Tee trinken.

Der Samstag beginnt morgens um halb sieben: Segel anschlagen, Liegeplatz wechseln, da der bisherige belegt wird. Endlich um neun Uhr ausgiebiges Geburtstagsfrühstück. Mittags: Auto zum Bruder bringen. Geburtstagskaffee? Äh, nee.


Der Busfahrer, ein kleiner Anarcho


Mit dem Klappfahrrad 20 Kilometer nach Oldenburg fahren, in den Schienenersatzverkehr einsteigen und bis Burg auf Fehmarn buchen. Der Busfahrer schaut ungläubig auf das Display: „Das kann doch nicht wahr sein, für die kurze Strecke 25 Euro?“ Ungläubig guckt er mich an: „Nee, das geht gar nicht. Wissen Sie was? Gehen Sie mal einfach durch und wir beide vergessen das Ganze!“

Mach ich doch glatt. Beim Aussteigen ruft er uns zu: „Trinken Sie heute Abend mal einen guten Rotwein!“ Wir wissen, noch 10 km bis zum Hafen Orth radeln, da wartet eine Flasche Prosecco auf uns.

Geburtstagsfinale


Nachts werde ich vom Stöhnen meines Skippers geweckt, Krampf im Oberschenkel. Mit den Worten „Ich hol dir schnell Magnesiumpulver“ will ich meine Beine über seinen Kopf schwingen um aus der Koje zu kommen – und bekomme selbst einen Krampf. Jammernd und lachend liegen wir nebeneinander, bis der Schmerz endlich nachlässt.


P.S.

Heute sollte es losgehen. Aber aus der ‚Wenig Wind‘ Prognose ist eine ‚Gar kein Wind‘ Realität geworden. Na, dann eben Montag oder Dienstag ... Wir werden sehen.

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von Anke von der Emaloca 22. April 2025
Den nachfolgenden Text habe ich 2018 geschrieben – und ich finde ihn nach wie vor aktuell. Das deutsche historische Museum Berlin hatte zu einer Blogparade aufgerufen: „Europa und das Meer.“ Das Thema ist meinem Skipper und mir eine Herzensangelegenheit. Wir sind im Sommer immer drei bis vier Monaten mit dem Segelboot auf der Ostsee unterwegs. Der Text erzählt, wie wir uns als Europäer mit dem Meer verbunden fühlen, was wir vom Meer lernen und was wir verlieren können, wenn Europa nicht zusammenhält und seine Werte verrät.
von Anke von der Emaloca 14. September 2024
(12-24) Nun sind wir in unserem Heimathafen Orth auf Fehmarn angekommen. Erst vor zwei Wochen haben wir Kopenhagen verlassen und es ist doch schon so lange her.
von Anke von der Emaloca 30. August 2024
(11-24) Vor allem ich merkte, der Speicher ist voll. So viele Eindrücke, Erlebnisse, Kontakte … ich konnte eine Auszeit nach dem Motto „Urlaub von der Reise“ gebrauchen. Prompt verordnete der Wind uns eine Pause von über einer Woche! Und danach kam das Museum Lousiana bei Kopenhagen. Wow!