Anke von der Emaloca

Tingeln von Oslo nach Risör

Jetzt ist es schon über eine Woche her, dass wir Oslo verlassen haben. In kurzen Etappen haben wir uns an einem Drittel der Südküste Norwegens entlang gehangelt. Bei Sommerwetter muss man sich daran gewöhnen früh loszusegeln, um eine ablandige Brise zu nutzen. Mittags hingegen kippt der Wind und kommt direkt von vorne.



Richtig eilig haben wir es nicht. Zum einen kachelt es im Skagerak zur Zeit recht ordentlich und um die Westküste Norwegens zu erreichen müssen wir den geschützten Schärengarten für einen Tagesschlag verlassen. Zum anderen klingen die Temperaturen in Bergen mit 10 bis 12 Grad noch nicht wirklich verlockend für uns.


Norwegen


Wenn man durch den Oslofjord und weiter entlang der Südküste fährt, entsteht leicht der Eindruck, dass Norwegen ein dicht besiedeltes Land ist. An vielen Stellen sieht man Siedlungen, Wohnblocks, einzelne Gebäude oder Ferienhäuser. Dabei hat Norwegen gerade einmal 5,5 Mio Einwohner. Rund 650.000 leben davon in Oslo (in Bergen knapp 300.000). Das Land ist fast 400 Quadratkilometer groß und hat eine beachtliche Küstenlänge (Festland, Fjorde und Inseln mitgerechnet) von nahezu 60.000 Kilometern.


Paradiesbucht als italienische Plaza


Ein bemerkenswertes Erlebnis haben wir in der Jordbukta, von den Einheimischen Paradiesbucht genannt. Langsam tasten wir uns vor, kommen an einem kleinen Anleger vorbei, noch um die nächste Steilwand – dann machen wir an einem Felsen fest und sind allein bis zum späten Nachmittag.


Allmählich füllt sich das kleine Paradies: kleine Motorboote ankern in der Mitte, rechts und links von uns legen größere Motoryachten an, mehrere Schlauchboote mit Jugendlichen suchen sich ihren Platz, begleitet von lauter Musik. Die unterschiedlichen Gruppen kennen sich und wir sind als fremde Beobachter mittendrin zwischen sonnensüchtigen Menschen während wir den Schatten suchen.


Absolutes Highlight für alle Buchtbesucher sind eine Gruppe testestorongesteuerter Jungen. Sie stehen auf einem über 10 Meter hohen steilen Felsen und wollen springen – oder auch nicht. Aus den Schlauchbooten der anderen Jugendlichen dröhnt laute Musik, Anfeuerungsrufe schallen durch die Bucht. In den Booten mit „älterer“ Besatzung sind die Handys gezückt.


Was machen die Jungs? Sie ziehen immer wieder ihre Badehose hoch, klatschen sich gegenseitig ab, scharren mit den Füßen auf dem Felsen, gehen einen Schritt Richtung Sprungkante, blicken hinunter, gehen einen Schritt zurück, ziehen ihre Badehose noch fester hoch… Die Rituale wiederholen sich mehrfach, die Arme der Handyfotografen erlahmen.


Gruppendruck


Dann plötzlich tut sich etwas. Unbemerkt hat ein blondes Mädel im Bikini den Felsen erklommen, sagt ein paar Sätze zu den zögernden Jungs, stößt einen kurzen Schrei aus und springt. Was bleibt den armen Helden da noch übrig, als es ihr irgendwann nach zu tun. Ein Jugendlicher zeigt am Ende sogar noch einen formvollendeten Salto. Großer Applaus brandet auf, die Musik wird lauter. Der Grill wird ausgepackt, ein dicker Lautsprecher den Fels hochgeschleppt.


Wir stellen uns auf eine lange Nacht ein. Doch irgendwann, als die Sonne ihre Kraft verliert und nicht mehr die ganze Bucht bescheint, fahren die ersten Boote wieder ab und abends um neun haben wir die Paradiesbucht wieder für uns alleine. Herrliche Nachtruhe!


Risör



Allmählich gehen unsere Vorräte zur Neige und wir müssen wieder Lebensmittel bunkern. Wir legen im Stadthafen von Risör an. Die Stadt mit ihren 7.000 Einwohnern ist bekannt für ihre weißen Holzhäuser und gilt als Holzbootmekka Norwegens. Ihr wird im Sommer ein Flair von St. Tropez nachgesagt. Naja, die Menschen und die Boote sehen nicht unbedingt danach aus. Das Städtchen gefällt uns mit den gepflegten Häusern, von denen manche von üppigen Rosenbüschen gerahmt werden.


Wir erleben zudem noch die Vorbereitungen für ein Worldcuprennen, das in Risör stattfindet. Unter anderem gehen die sog. 49er an den Start und foilende Katamarane. Ihre Geschwindigkeiten haben mit gemächlichem Fahrtensegeln gar nichts zu tun.


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