Ablaufen ist kein Umweg!
Hier erzählen wir, wie uns Segler-Leiden und Segler-Freuden letztlich ziemlich schnell von Anholt zur schwedischen Grenzstadt Strömstad und nach Oslo gebracht haben, ein kleiner Umweg inclusive.
Anholt hat uns ein paar Tage festgehalten – Tage zum Genießen und Seele baumeln lassen. Aber dann juckte uns das Reisefieber. „Wenn wir so weiterbummeln kommen wir nie nach Norwegen!“
Auf nach Saeby
Unser Plan war zum rund 40 Seemeilen entfernten Hafen Saeby im nördlichen Jütland zu segeln, von da Richtung Skagen und weiter zur norwegischen Südküste. Die Windvorhersage war günstig: Nordost, Windstärke 3, später bis 6, in Böen 7. Das wäre ein moderater Amwindkurs. Wir tauschten die 32,5 qm große Genua gegen unsere 19 qm große Arbeitsfock aus und freuten uns auf einen schnellen Ritt. Morgens um halb 7 hieß es Leinen los.
Nach und nach nahmen Wind und Wellen zu, der Wind drehte leider nördlich und wir fuhren einen 60 Grad Amwindkurs. Mein Skipper band ein Reff ins Groß. Ich war konzentriert am Ruder und fuhr das Boot bei heftigen Böen zum Reffen in den Wind, bloß keinen Fehler machen! Der Wind nahm weiter zu, wir refften die eh schon kleine Arbeitsfock. „Doch lieber nach Hals ablaufen? Aber wir sind schon so weit.“
Was bei der Windvorhersage als Böen angekündigt war, entpuppte sich nun als der „normale“ Wind. Die Wellen hatten mitlerweile auf 1,5 Meter zugenommen und Emaloca wurde bei jedem Eintauchen komplett gewaschen. „Wir bergen das Groß!“ Wieder ein Manöver, bei dem mein Skipper auf dem Vordeck herumturnen muss. Mir zitterten am Ruder die Knie, aber alles klappt.
Mittags um halb eins waren wir nur noch 12 sm von Saeby entfernt, aber schwere Böen fielen über uns her. Wind und Wellen würden direkt auf der Hafeneinfahrt stehen, der Kurs lies sich immer schwerer halten. Dazu kam, dass die Wassertiefe vorm Hafen schnell abnahm. Mussten wir auch noch mit gefährlichen Grundseen rechnen?
Lieber doch nach Hals
Da fiel die Entscheidung vom Skipper: „Wir laufen nach Hals ab!“ Mit gereffter Arbeitsfock und achterlichem Wind kein Vergnügen, aber im Verhältnis „easy sailing“. Das Boot schoss wie wild durch die See. Mir war schon vorher nicht nach Essen zumute, aber jetzt gar nicht mehr. Ich konnte kaum hinsehen, wie mein Skipper ungerührt die geschmierten Stullen vertilgte.

Frust schieben in Hals
Ach ja, die Schauerböen, die uns unterwegs immer mal wieder trafen, sollten auch noch erwähnt werden. Aber immerhin, nach 62 sm anstelle von 42 sm lagen wir um 17 Uhr sicher im Hafen von Hals am Eingang vom Limfjord. Sobald wir das Boot festgemacht hatten, fingen meine Knie und Hände an zu zittern. Jetzt machte sich bemerkbar, dass ich den ganzen Tag nichts gegessen und kaum etwas getrunken hatte. Mit Einsatz unser gut bestückten Bordküche wurde mein Flattern schnell behoben.
Auf keinen Fall Limfjord
Am nächsten Tag leckten wir zunächst unsere Wunden. Waren wir nun hasenfüßig oder vernünftig? Nein, wir waren vernünftig gewesen! Dennoch nagte etwas in uns. Wie sollte es jetzt weiter gehen? Weiter durch den Limfjord segeln, dann bei Thyborön in die Nordsee und weiter nordwärts zur norwegischen Küste? Da waren wir schon vor 2 Jahren gescheitert, weil die Wetterbedingungen einfach nicht stimmten.
Mittags stand fest: Morgen segeln wir 130 sm direkt nach Strömstad, eine schwedische Stadt fast an der norwegischen Grenze. Von dort dann weiter in den Oslofjord. Eigentlich wollten wir Oslo erst auf dem Rückweg anlaufen, aber die langfristige Wetterprognose für Oslo hörte sich gut an. Bergen bekäme damit eine Chance, sich etwas weiter zu erwärmen.

Strömstad wir kommen
Moderater achterlicher Wind war vorhergesagt, ideale Bedingungen für eine Nachtfahrt. Tja, und dieser Schlag war dann wirklich das Gegenteil vom vorherigen. Hier hätten wir manchmal gern etwas mehr Wind gehabt. Aber von den 26 Stunden, die wir unterwegs waren, mussten wir nur 4 Stunden motoren. So haben wir das Großschifffahrtsfahrwasser nördlich von Skagen im Slalom genommen, um den dicken Pötten auszuweichen.

Die Nachtfahrt, war nicht wirklich eine, denn es wurde nie richtig dunkel.
Um halb Zwölf liefen wir in Strömstad ein, hielten einen ausgiebigen Mittagsschlaf, belohnten uns in einem Cafe mit Kuchen vom Feinsten und bunkerten noch einmal ordentlich Lebensmittel für das Hochpreisland Norwegen. Ein kurzer Schlag mit Sonnenschein brachte uns am nächsten Tag über die Grenze in eine ruhige Ankerbucht im Schärengürtel. Von dort ging es weiter in den Oslofjord zum Hafen Son, ca. 25 sm von Oslo entfernt. Nebel und Nieselregen schränkten die Sicht leider ein.



Hallo Oslo
Heute dafür haben wir uns von der Genua bei klarer Sicht und Sonnenschein weiter durch den Fjord bis nach Oslo ziehen lassen. Wir liegen im königlichen norwegischen Yachthafen Dronningen, nichts nagt mehr in uns, wir sind glücklich und zufrieden – ab morgen erkunden wir Oslo.

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