Anke von der Emaloca

Baltische Segeltage

(15-2018) Wir wissen, die Zeit in Estland war zu kurz, aber bis Fehmarn ist es auch noch ein Stück, so entscheiden wir uns, nach Lettland weiter zu segeln. Unser Absprunghafen ist Mõntu. Als wir in der nagelneuen Anlage ankommen, sind wir das einzige Boot.


Es folgt noch ein niederländisches Boot mit Marie Claire, Tom und Paul, die wir nun schon zum 3. Mal treffen und ein lettisches Segelboot, das unter schwedischer Flagge fährt. Sturm ist für den nächsten Morgen und den darauffolgenden Abend angekündigt, je nach Wetterbericht in einer Windstärke von 8 bis 10 bft.


Alle 3 Boote liegen hintereinander am Kai. Morgens um 7 Uhr nimmt der Wind zu, drei Nationen überprüfen jeweils ihre Leinen und Fender. Der Wind dreht wie vorhergesagt, wird aber kein Sturm, sondern ein starker Wind in einer Stärke von 6 bis 7 bft. Der Sturm muss weiter draußen auf dem Meer sein.



Nachzügler kommen

Am späten Nachmittag zwischen einigen Regenschauern kommt noch ein kleines Segelboot in den Hafen gewankt und wird vom Hafenmeister, von meinem Skipper, mir und von Marie Claire in Empfang genommen. Woher kommt ihr denn? Wir staunen nicht schlecht, sie sind schon am Vortag um 6 Uhr morgens von Stockholm losgefahren. „First we had no wind, but in the night it was very scary!“


Die Fock sieht zerfleddert aus, die Crew wirkt leicht verstört, packt dann aber in Windeseile ihre Sachen zusammen, verlässt dann fluchtartig das Boot und macht sich in strömendem Regen und Schauerböen von dannen. Wir trinken Rotwein mit den Holländern und verstehen uns auf Anhieb gut in deutsch-, englisch-, niederländischem Pidgin.



Weiter nach Ventspil

Am nächsten Morgen machen wir uns unter Motor auf nach Ventspil, Lettland. Wieder stimmt die Windvorhersage nicht. Kaum Wind, hohe Dünung, chaotische Wellen durch Strom und Untiefen in der Irbenstraße, lässt unser Boot geigen, dass das Geschirr in den Schapps poltert wie selten. Wir setzen das Groß als Stützsegeln, bergen es wieder, weil es zu sehr schlägt. Miese Stimmung an Bord. Nach drei Stunden kommt endlich der angekündigte Wind und damit Segelruhe ins Schiff und uns.


Als wir zwei Tage später von Ventspils weitersegeln, hält der Wind die Wettervorhersage wieder nicht ein. Demnach hätten wir eigentlich einen gemütlichen Raumschotkurs segeln können, es wird aber ein Starkwindtag mit segeltechnischen Herausforderungen. Bei einem Wellengang von 1,5 Metern in kurzer Frequenz dreht der Wind auch noch ständig um bis zu 30 Grad und schwankt noch in seiner Stärke.



Bitte lächeln -nicht immer einfach

Das Salz in der Suppe ist dann noch ein Gegenstrom von über einem Knoten. Stark gerefft erreichen wir oft unsere Rumpfgeschwindigkeit von etwas über 7 Knoten. Beim Rudergehen steuere ich mit voller Konzentration. Anstatt mich zu loben sagt mein Skipper zu mir: „Jetzt guck doch nicht so verkniffen!“ Als ich ihn daraufhin anlächle und ihn daraufhinweise, kommt nur: „Du lächelst nicht, du beisst die Zähne zusammen!“ Stimmt! Aber irgendwann bekomme ich ein Gefühl für diese Richtungs- und Windstärkeschwankungen und werde entspannter.


Und weiter geht es

Unseren angepeilten Hafen Pavilosta können wir bei dem starken Seegang nicht anlaufen. Die Hafeneinfahrt ist eng und der Meeresgrund steigt davor schnell auf drei Meter an. In der Folge bilden sich bei starkem, auflandigem Wind gefährliche Grundseen. So werden aus den angepeilten 32 Seemeilen 61, weil wir nach Liepaja, einem großen Handelshafen, weitersegeln müssen.


Nachdem uns die Küste fast die ganze Zeit Sandstrände, teilweise kleine Steilküsten mit dahinterliegenden Wäldern geboten hat, bietet sich kurz vor Liepaja ein anderes Bild: erst kommen lange Bunkerreihen, danach funkeln plötzlich goldende Zwiebeltürme einer russisch orthodoxen Kirche in der Abendsonne, dann kommen große Gasspeicher. Wir bekommen dieses Bild nicht richtig zusammen, müssen uns aber auf die Einfahrt in die befestigte Flussmündung konzentrieren.


P.S.

In der Flussmündung von Ventspils kommt uns kein Elch, sondern ein Wildschweinkadaver entgegen. Und was es mit den Bunkeranlagen und den Zwiebeltürmen bei Liepaja auf sich hat und wie wir Lettland insgesamt erlebt haben, erfahrt ihr im nächsten Blog.


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