Anke von der Emaloca

Besondere Zeitrechnung im Göta-Kanal

(9 - 2022) Schleusen, Schleusen und nochmals Schleusen. So fängt der Göta-Kanal in Sjötorp an. Schon unser erster Tag zeigt beispielhaft, dass der Göta-Kanal seine eigenen Regeln hat und die gehen nicht nach Zeit und Meilen.

Am ersten Tag starteten wir um 11:00 Uhr und machten um 17:30 Uhr zusammen mit einem schwedischen Boot an einem kleinen Naturstig fest – alle Häfen waren übervoll. Davor waren wir aber gerade in die 10. Schleuse (Norrkvarn) an einem Tag eingelaufen, als der Schleusenwärter uns den Tipp mit dem Steg gab.

Schleusendreher


Mit Emaloca wieder raus aus der Schleuse - eine Herausforderung! Gerd fuhr rückwärts, kam aber auf die andere Seite ausserhalb der Schleuse (ich sage nur Langkieler!), stieß sich dort mit dem Fuß ab, ich zog Emaloca an der Vorderleine von Land aus zu mir, dann drückte ich sie weiter am Bug herum usw. ...


Wie auch immer, irgendwann hatten wir unser Schiff mehr oder minder elegant gewendet. Zurückgelegte Entfernung an diesem Tag: 5,5 Seemeilen (ca. 11 km) – aber inzwischen waren wir ca 60 Meter über dem Meer.

Und wir waren kaputt! Denn zu unserer Überraschung wehte auch im Binnenland ein kräftiger Wind. Böen mit 15 Knoten in Warteposition vor einer Brücke oder beim Schleusen erforderten ständige Konzentration.

Tingelmodus


Am nächsten Tag schafften wir 3,3 sm und 9 Schleusen in 4,5 Stunden, aber lagen dafür nun schon ca. 90 Meter über dem Meer. 2 Tage blieben wir in dem friedlichen Hafen Hajstorp, „erfuhren“ unsere zurückgelegte und noch zurückzulegende Kanalstrecke mit dem Fahrrad.

So tingelten wir langsam weiter durch den Kanal. Aus den schönen Herbsttagen wurden sage und schreibe 3 Hochsommertage, die auch den Abend und die Nacht über anhielten - so selten für uns in diesem Sommer.


Diese Tage wollten wir nicht mit Schleusen verbringen und blieben in Forsvik, einem kleinen, idyllischen Hafen mit 91,8 Meter ü. N.N., dem höchsten Punkt unserer Reise.

Hauptbeschäftigung: Baden - Fast! In Forsvik tauchen wir noch in 600 Jahre schwedische Industriegschichte ein. Sägewerk, Mühle, Papierfabrik, Eisenhütten, Gießereien und Schmieden machten Forsik zu einem der wichtigsten Industriestandorte. Heute ist es ein lebendiges Museum.

Man kann im Museum auch noch eine Lichtdusche benutzen - man sollte bekanntlich keiner Werbung trauen.

Wir waren natürlich am Obelisken, der den höchsten Punkt des Göta-Kanals symbolisiert und haben dort den Gewitterstein der Künstlerin Dorit Croissier plaziert.

Von nun an geht es wieder bergab!


Kontrapunkt Karlsborg


Karlsborg liegt am Vättern, dem zweitgrößten See Schwedens. Von einem deutschen Segler mit ganz beseeltem Blick und feuchten Augen erhielten wir den Tipp: Allsang, jeden Freitag in Karlsborg! Das sollten wir uns unbedingt anhören. Eine Veranstaltung direkt am Hafen, zu der sich Menschen treffen, die zusammen Lieder singen. Es gäbe auch ein Liederbuch.


Ring, ring


Das wäre doch mal was für uns, dachten wir und fuhren hin. Im Kopf: Da kommen gesangsbegeisterte Schweden zusammen, die unter Anleitung schwedische Volkslieder singen. Die Realität: Zwei singende Moderatorinnen gingen durch die vollbesetzten Reihen und versuchten die Besucher zu animieren, doch ins Mikrofon zu singen, z.B. zu „Ring, ring“ von Abba – es klang wirklich nicht immer schön.

Nach dem Ende der Veranstaltung dröhnte noch bis spät in die Nacht von den umliegenden Restaurants und eventuell auch Motorbooten Rock- und Technomusik um die Wette. Bloß weg von hier!

Verplant


Ach ja, die touristisch vielbeworbene Festung von Karlsborg sei noch kurz erwähnt. Ein riesiger sich selbst versorgender Komplex, gedacht als Schwedens Ersatzhauptstadt. Hier sollte notfalls die Königsfamilie, die Regierung, Gold und Kronjuwelen in Sicherheit gebracht werden. 1819 wurde mit dem Bau begonnen. Angepeilte Bauzeit: 10 Jahre. Fertigstellung: 100 Jahre später.


Da war das ganze Bollwerk dann schon völlig veraltet und hätte moderner Artillerie keinerlei Schutz mehr geboten. Bauzeitverschiebungen und damit eigentlich hinfällige Projekte gab es also auch schon früher! Heute ist die Festung Kaserne, Lager und Touristenattraktion.

Schlechtes Wetter über dem Vättern


Von 30 Grad ist die Temperatur auf 15 Grad abgestürzt. Es nieselt und dicke Wolken hängen über dem Vättern. Er will sich uns nicht zeigen.

Da auch die nächsten Tage nicht gerade schönes Ankerwetter versprechen, entscheiden wir uns von Karlsborg direkt nach Motala zu fahren und uns von dort dann bergab langsam wieder der Ostsee zu nähern. Die rund 17 sm konnten wir unter Segeln zurücklegen. Auch ein schönes Gefühl!

Share

von Anke von der Emaloca 5. Juni 2025
(3 + 4 - 25) „Gerd, guck mal. Ist das da eine Plattform oder ein Boot? Fährt das Ding?“ Wir gucken abwechselnd durch das Fernglas. „Das ist ein U-Boot!“ Einige Zeit später: „Es kommt auf uns zu und wird unseren Kurs kreuzen!“ Wir sind leicht angespannt.
von Anke von der Emaloca 28. Mai 2025
(2-25) ‚Dadumm, dadumm‘! Irritiert schauen wir uns an. „Hier ist kein Schießgebiet! Hier ist kein Schießgebiet!“ wiederholt Gerd leicht irritiert. „Das Boot hat vibriert!“ springe ich auf und sehe in unserem Kielwasser ein dickes, dunkles Holzbrett mit rotem Rand in den Wellen tanzen. „Container werden hier ja wohl nicht herumschwimmen …“
von Anke von der Emaloca 18. Mai 2025
(1-25) Das fängt ja gut an! Die Sonne lacht, der Wind kommt so sanft von hinten, dass wir unseren Gennaker hochziehen können. Wir gleiten freudig dahin, bis ich am Horizont ein Militärboot entdecke. Sollte diese Fregatte etwa ein dunkles Vorzeichen für unsere Reise in die baltischen Staaten sein?