Der Stein sollte nicht da sein!
Bisher haben wir auf den Spruch „wer noch nicht mit einem Stein in Berührung gekommen ist, der war noch nicht in den Schären“ immer geantwortet: „Wir waren schon oft da, aber uns ist es noch nicht passiert!“ Bisher…
Schöne Tage in Timmernabben
Der kleine Hafen Timmernabben hat uns ausgesprochen gut gefallen, besonders auch die Rökeri, weshalb wir unser leckeres Kürbiscurry noch mit fangfrischem Dorsch veredeln konnten.

Dann noch der Mozartsalon im Bullerbyort Pataholm. Wunderschöner Gesang und Musik im Garten eines alten Kaltbadekurhauses berührten unser Herz. Was haben wir wegen Corona die Kultur vermisst.
Ein Waldschärenidyll hat seinen Preis
Doch es zieht uns in die Schärenwelt. Mein Skipper navigiert uns in eine Waldschärenidylle. Als wir den Anker werfen, fliegt ein Seeadler wie zur Begrüßung über unser Boot hinweg. Wir genießen den herrlichen Panoramablick und abends legen wir uns total entspannt und zufrieden in die Koje.

Morgens fängt es so gegen 4 Uhr mit einem Platzregen an. Ich ziehe mir die Decke über den Kopf, die Kuchenbude haben wir am Abend noch aufgebaut, also lass mich schlafen. Zum Regen kommt aber ein Grummeln hinzu, dass ich irgendwann nicht mehr ignorieren kann. Gewitter! Nichts davon hatte die Wettervorhersage angekündigt.
Erst Gewitter …
Gerd ist schon länger auf, steht auf dem Niedergang und guckt wie ein Erdmännchen in alle Richtungen. „Der Wind hat gedreht, wir liegen jetzt auf Legerwall. Aber zum Glück hat er noch nicht zugelegt.“ (Legerwall bedeutet, dass das Boot mit dem Heck zum Ufer liegt, wenn dann der Anker ausbrechen sollte, würde der Wind das Boot aufs Land drücken.) Blitze am Himmel, Donner … das Gewitter kommt näher. Wir ziehen uns an, falls wir schnell reagieren müssen. Handys und Tablett liegen sicherheitshalber im Backofen (Faraday’scher Käfig). Mehrere Gewitterzellen lösen sich ab.
So gegen 6 Uhr morgens ist der Spuk endlich vorbei. An Schlaf ist nicht mehr zu denken. Wir frühstücken und wollen weiter, der Platz hat für mich seinen Charme verloren. Langsam tasten wir uns vom Ankerplatz weg in das etwas tiefere, aber schmale Fahrwasser. Aus den Karten (sowohl der Papier- als auch der elektronischen Karte) ist ersichtlich, dass ausserhalb des Fahrwassers Unterwassersteine liegen. Aber wir sind ja genau auf der Kurslinie. So ignorieren wir den Alarm des Tiefenmessers, der ab 70 cm unter dem Kiel lospiept, in der festen Überzeugung, dass Pflanzenbewuchs den Alarm auslöst.
… dann „küssen“ wir einen Unterwasserstein …
Rumms (wirklich kein schönes Geräusch), kurzes Ruckeln, das waren keine Pflanzen, sondern ein Stein! Wir sitzen fest! Mein Magen krampft sich zusammen. „Aber wir sind doch genau auf der Kurslinie, wir haben nichts falsch gemacht“ bestätigen wir uns gegenseitig mit entsetzten Gesichtern. Aber davon kommt man vom Stein auch nicht runter.

Also was tun? Rückwärtsgang einlegen und hoffen – und tatsächlich, es klappt, sogar ohne Vollgas. Ein Hoch auf unseren Langkieler. Emaloca ist offensichtlich mit Kiel wie mit der Kufe eines Schlittens auf den Stein gerutscht und genauso wieder runter. Wir haben großes Glück gehabt, Ruder und Schraube sind nicht betroffen. Im Herbst werden wir sehen, wie arg die Schramme am Kiel ist.
… die Karte stimmt auch nicht …
Meine Nerven flattern trotzdem. Unausgeschlafen wie ich bin möchte nur noch in einen Hafen, mich in die Koje legen und die Decke über den Kopf ziehen. Paskallavik ist in der Nähe. Wir tasten uns weiter aus der Bucht und sehen Backbord- und Steuerbordtonnen, die allerdings in keiner Karte verzeichnet sind.
Üblicherweise geht die Betonnung vom Meer zum Hafen, d.h. grün an Steuerbord und rot an Backbord. Das ist aber hier nicht erkennbar. Sollen wir die Backbordtonne jetzt an Backbord lassen?
Wieder tasten wir uns langsam vor. Wieder geht der Tiefenalarm los. Aufstoppen, zurücksetzen, es vorsichtig auf der anderen Seite der Tonne versuchen. Es klappt. Jetzt ist mir alles zu viel. Ich lamentiere und jammere so lange (und nicht gerade hilfreich für meinen Skipper, der schon Stress genug hat), bis Gerd mich schon nach unten schicken will. Ich bleibe leise vor mich hin japsend im Cockpit sitzen.

…. genauso wenig wie die Windvorhersage
Endlich kommen wir auf den auch in den Karten markierten Fahrweg. Statt Windstärke drei wie vorhergesagt, weht der Wind mit Stärke fünf direkt von vorne mit entsprechend unangenehmer Welle. Und natürlich ist Paskallavik gegen diese Windrichtung nicht geschützt.

Also machen wir uns doch wieder in die Schären auf um zu ankern. Solberganäset, auch hier ist das Navigieren eine kniffelige Angelegenheit. Vor vielen Jahren waren wir dort und haben gesehen, wie ein Schwede mit voller Wucht auf einen Stein aufgelaufen ist. Seine coole Reaktion: „Der Stein sollte nicht da sein!“ hat uns damals schon sehr beeindruckt. Inzwischen ist dieser Stein (wir haben ihn später per Kanu entdeckt, er liegt 80 cm unter der Wasseroberfläche) aber in den Karten eingetragen.
So gelangen wir endlich sicher in eine wunderschöne Bucht und „wettern“ dort die bisher heißesten Tage des Sommers ab – Lufttemperatur 27 bis 30 Grad, Wassertemperatur 25 Grad. Wir schwimmen, fahren Kanu und dösen, zum Kochen ist es zu heiß.
Auf zu neuen Ufern
Doch jetzt haben wir die Schären verlassen und warten an der Nordspitze von Öland in Nabbelund auf geeigneten Wind um nach Gotland zu segeln. Von da soll es dann nach Lettland gehen – so ist zumindest der Plan.

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