Endlich wieder wasser unterm Kiel!
In unserem ersten Blog der Saison erzählen wir, was wir mit hölzernen Seekarten zu tun gedenken; wir listen auf, wieso manche Sponsoren den Wasserpass in Bedrängnis bringen können und staunen, was das Anlaufen von unerotischen Häfen so mit sich bringen kann.
Zunächst einmal unser Plan für die nächsten Monate: Wir wollen nach Norwegen und peilen an bis Bergen zu segeln. Die genauere Reiseroute steht nicht fest. Wetter, Lust und Laune sollen entscheiden. Das fängt schon gleich am 1. Segeltag an.
Welchen Hafen hätten wir denn gerne?
Es begann gaanz gemächlich. Erst unter Motor, da der wenige Wind auch noch von vorne kam, dann endlich unter Segeln – in Schrittgeschwindigkeit, da immer noch nur ein laues Lüftchen wehte. Langsam briste der Wind auf, brachte unsere Emaloca in Fahrt und lies mit über 5 Knoten bei herrlichem Sonnenschein und wenig Welle unser Seglerherz höher schlagen. Das Ziel hieß Spotsbjerg auf Langeland.
Mein Skipper fixierte den Horizont und verkündete plötzlich: „Spotsbjerg ist ein unerotischer Hafen, das ist nichts für unseren ersten Schlag. Lass uns nach Bagenkop segeln!“ Auf meine Nachfrage, ob er Bagenkop erotischer fände, kam die neue Devise: „Wir segeln nach Marstal!“ Ja, das wäre ein angemessener erster Stop, denn wie viele Boote wurden in der Blütezeit der Segelschifffahrt dort gebaut und haben alle Weltmeere besegelt.

Der Wind nahm stetig zu, 1. Reff, 2. Reff und dennoch an die 6 Knoten. Die Wanten waren noch nicht optimal eingetrimmt und schlackerten in Lee. ‚Fest angeknallt‘ geht anders. Wir wollten nicht austesten, ob so viel Spiel der Maststabilität schadet. Also fiel die Entscheidung – Erotik hin oder her – doch den Hafen von Bagenkop anzulaufen und nicht noch 10 Seemeilen weiter hart am Wind nach Marstal zu segeln. Nun sitzen wir hier unter unserer Kuchenbude, die Wanten sind nachgespannt, der Wind bläst ordentlich und schon fängt ein Hafenkino vom Feinsten an.

Rettungsboot für Hunde?
Eine riesige, neue Yacht (fast doppelt so lang und doppelt so breit wie unser Boot und mindestens 500.000 Euro schwer), passt natürlich in keine Box und will sich in einen freien Platz am Kai einfädeln. Ein Mann am Ruder, einer joggt auf dem weitläufigen Boot hin und her um Leinen aufzuklarieren und Fender anzubringen. Eine Frau steht starr unter der eher an ein Zelt erinnernden, riesigen Sprayhood. Der erste Anlegeversuch misslingt. Jogger und Steuermann wechseln die Plätze.
Vom Wind vertrieben, reissen sie sich an einem Pfahl eine Plastikkbox ab, die an der Reling befestigt ist, ins Wasser fällt und sich mit lautem Knall öffnet. Es bläst sich ein grellgrüngelbes Etwas auf und treibt munter durch den Hafen. Ein Teil einer Rettungsinsel? Nicht zuletzt durch den Knall stehen inzwischen so an die 8 Männer auf dem Kai und wollen helfen. Nach langen Mühen gelingt es ihnen, das Boot mit wahrer Manneskraft langsam in die ‚Parklücke‘ zu ziehen. Die Frau hat ihren Beobachtungsposten verlassen und joggt nun auf der Yacht mit einem Fender in der Hand hin- und her.
Währenddessen ist das grellgrüngelbe Etwas zu uns an den Steg getrieben. Hier liegen die kleinen, gebrauchten Segelboote, die in jede Box passen und von den Crews gut zu händeln sind. Wir bergen das merkwürdige Teil. Richtig hingestellt erinnert es an eine Luftmatratze, an der auch eine Plastikpalme aufzublasen ist. Nur diese Palme hat keine Palmblätter.
„Ist das eine Rettungsinsel für Hunde?“ „Da kann ja gerade ein Mensch zusammengehockt drauf kauern. Pech für die Restcrew.“ „Na ja, die Yacht war ja schon teuer genug, irgendwo muss man doch anfangen zu sparen.“ Böse Kommentare, dabei haben wir garantiert alle auch schon einmal zum Hafenkino beigetragen. Aber hier hält sich das Mitleid in Grenzen.
Gewichtige Sponsoren
Manche Crews werden für längere Törns ja von Firmen gesponsert mit Segel-, Foto- oder anderen Ausrüstungsgegenständen. Wir nicht, wir haben unsere Freunde. Ihre Sponsorenartikel bringen unseren Wasserpass allerdings in Bedrängnis. Hier die Auflistung! Von Monika: 9 Gläser eingekochtes Hack, 8 Rindercurry und ein Glas Kräuter der Provence zum Nachwürzen aus dem eigenen Garten. Dabei sind wir an Land 95 prozentige Vegetarier, aber auf See ist alles anders. Von Jürgen und Brigitte: 2 riesige Stücke Peccorino und Parmesan, eine Fenchelsalami, alles direkt aus Italien importiert (die Flasche Wein hat es leider nicht mehr an Bord geschafft). Von Sabah und Ahed: leckere Dattelkekse.
Von Bernadette: selbst gebackene Cantucchini und 2 Flaschen Tomatensugo aus eigener Ernte. Von Agnes: ein Glas Hausmachermet und eine Lammsalami. Von Friedhelm: einen schön glatt bearbeiteten Holzknüppel zum Betäuben der Fische, die wir in den norwegischen Gewässern garantiert fangen werden – bislang als Polsterklopfer genutzt. Einige Bücher von Jürgen und Erika, dazu ein Glas Marmelade aus Gartenfrüchten und eine Flasche Wein (auch schon leer).
Von Dorit: Hustenbonbons und ein weiterer Gewitterstein, den wir an einem besonderen Ort aufstellen und so ihr Kunstwerk vergrößern werden. Drei Gläser extra für uns gekochte Marmelade haben es nicht geschafft an Bord zu kommen, Doha hat wieder einmal Freitag und Samstag verwechselt und schickte uns nur weinende Emojis hinterher.
P.S.:

Schweren Herzens haben wir uns entschieden, das Geschenk unseres segelnden Schreinerfreundes Jochen nicht mitzunehmen: eine hölzerne Seekarte von der Küste Norwegens. Wir verlassen uns dann doch lieber auf unsere Papier- und elektronischen Karten, denn die haben keine Wurmlöcher, in denen unsere Emaloca sich verirren kann. Aber zu Hause als Frühstücksbrettchen werden die hölzernen Seekarten zum Einsatz kommen und uns über die segelfreie Zeiten hinweghelfen.
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