Anke von der Emaloca

Ironman in Kalmar – oder lieber Fahrtensegeln?!

(13 – 2022) Langsam verlassen wir das fast windlose Schärengewimmel und können durch den Kalmarsund wieder anfangen zu segeln. Gemächlich geht es von Borgholm auf Öland nach Kalmar, zufällig pünktlich zum großen Sportereignis Ironman Kalmar – was für ein Erlebnis.

Obwohl wir schon etliche Male durch den Kalmarsund gesegelt sind, haben wir die Stadt immer ausgelassen, weil uns der Stadthafen nicht gefiel.

Aber nun gibt es eine kleine Hafenerweiterung direkt am Schloss, etwas abseits vom Trubel. Der Hafen hat nur 2 Meter Tiefgang, ideal für unser Boot und Kalmar bekommt seine Chance.

Ironman – nicht nur auf Hawaii


Zum Ironman Kalmar haben sich 2100 Menschen (davon 20 % Frauen, ein neuer Rekord) aus über 50 Nationen angemeldet um: 3,8 km zu schwimmen, dann 180 km Fahrrad zu fahren und abschließend einen Marathonlauf von 42 km hinzulegen. Die gemeldeten Profis würden dafür insgesamt nur knapp 8 Stunden brauchen. (!!!)


Während eines wunderbaren sommerlichen Abendmenüs bei unseren holländischen Segelfreunden Tom und Marie-Claire fällt der Entschluss: Den Start morgen früh um 6:55 Uhr wollen wir uns ansehen.

3,8 Kilometer Schwimmen


Die ganze Stadt war auf den Beinen, aus riesigen Boxen wummerte Musik, dazwischen wurden Grußworte gehalten. Die Spannung stieg und stieg. Die Profis waren schon im Wasser und warteten auf den Startschuss. Die Musik hörte auf und ein lautes Herzklopfen wurde eingeblendet: tadamm, tadamm, tadamm…


Dann gibt es einen ohrenbetäubenden Knall, verbunden mit einer dicken Rauchwolke, das Wasser verwandelt sich in ein Haifischbecken – und weg sind sie.

Nach und nach springen die anderen Gruppen ins Wasser. Eine endlose Schlange, eingeteilt nach der geschätzten Zeit, die jeder für die Schwimmstrecke braucht. Auch sie werden genauso bejubelt wie die Profis. Übrigens brauchten die Profis für die 3,8 km nur ca. läppische 50 Minuten!

180 Kilometer Fahrrad fahren


Wir schlenderten gemächlich zu dem Punkt, an dem die Schwimmer aus dem Wasser kommen, sich in Windeseile umziehen, auf ihr Fahrrad steigen und mal locker 180 km radeln würden. Bald schon kamen die ersten angeschwommen.

Wir waren auf der einen Seite fasziniert und mitgerissen, gleichzeitig aber auch verstört und befremdet. Marie-Claire und ich guckten uns immer mal wieder an und sie meinte dann mit ihrem holländischen Akzent: „Neij, dat kann niet gesond zijn!“ Ich dachte an meine Knie und Hüften, verzog leicht das Gesicht und konnte ihr nur beipflichten.

Frühstückspause für uns


So einen Ironman zu beobachten und seine gemischten Gefühle dabei zu sortieren, ist auch anstrengend. Wir brauchten unbedingt eine Pause mit einer Kardamonschnecke im Café.

Dann gingen wir gemächlich zurück auf unsere Boote. Ausruhen und Mittagsschlaf war angesagt, während die angehenden Ironmänner und -frauen ihre 180 Kilometer bewältigen mussten.

Jetzt noch 42 Kilometer


Als Gerd und ich am frühen Nachmittag wieder in die Stadt gingen, waren die ersten Teilnehmer schon beim Marathon, der im Zickzack durch die Stadt (über Kopfsteinpflaster … ) führte. Die Profis hatten für die 180 km Fahrrad gerade mal so um die 4,5 Stunden benötigt.

Auf der Suche nach einem Café feuerten wir die Läufer kräftig an und sahen die ersten Profis die Ziellinie überqueren. Erschöpfte, ausgemergelte Gesichter.

Der Abend - die Zeit der Helden


Nach dem Abendessen an Bord, friedlich und ruhig vor dem Schloss, machten wir uns wieder auf ins Getümmel. Die Stunden der Helden hatten begonnen. Bis 23 Uhr hatten sie noch Gelegenheit offiziell anzukommen und die begehrte Medaille „Ironman“ zu bekommen.

Diesen Teilnehmern ging es nicht ums Gewinnen oder ihre Bestzeiten zu unterschreiten, ihr Ziel war es, den Ironman durchgehalten zu haben. Sie wurden genauso wie die Profis bejubelt, die Stadt war immer noch rappelvoll mit Zuschauern.

Wir sahen glückliche, euphorische oder stolze Gesichter, die ihren Fanclubs zuwinkten oder ihnen die Faust entgegenreckten. Wir sahen aber auch Läufer, von denen wir den Eindruck hatten, dass sie gar nicht mehr richtig wussten, was sie taten oder wo sie waren. Sie hatten sich in stumpfe Maschinen verwandelt.


Manche liefen noch ganz elastisch, einige gingen im Schritt mit Seitenstichen, andere schleppten sich nur noch dahin.

Ach wie schön ist segeln


Was treibt Menschen dazu, sich so einen Sport anzutun? Ich halte es mit Marie-Claire: „Neij, dat kann niet gesond zijn!“ Aber fasziniert hat uns der Ironman trotzdem. Und man sollte der Ehrlichkeit halber erwähnen, dass der älteste Teilnehmer 75 Jahre alt war.



Am nächsten Morgen segeln wir weiter. Mit Schrittgeschwindigkeit geht es mit dem Gennaker Richtung Süden. Was für ein Genuss – ganz ohne Zweifel!

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