Anke von der Emaloca

Schärensprung bei Karlskrona und Hafenrodeo auf Öland

(5-2018) Tage wie sie unterschiedlicher nicht sein können! Ein Traumplatz an einer Schäre, sonnig, windstill, zum Baden einladende Ostsee. Nur einen Tag später im Hafen Grönhögen auf Öland so stürmisch, unruhig, ungeschützt und fehlkonstruiert, dass wir uns nicht trauen, das Boot zu verlassen.

Militäranleger für Freizeitschiffer

Die Schären um Karlskrona sind bekannt für ihre alte und jüngere Militärgeschichte. Ein russisches U-Boot der Whiskey-Klasse ist hier schon mal auf einer Schäre gestrandet (Whiskey on the rocks, hören die Schweden daher gar nicht gerne). Auf den Schären gibt es viele ehemalige Militäranleger der Kriegsmarine, die heute gerne von Freizeitschiffern genutzt werden.

Schärensprung

Wir wollen heute mal „richtig“ an einer Schäre anlegen, keinen Steg benutzen, sondern auf einen Felsen springen, das Boot an einem großen Stein oder Baum festmachen, eventuell einen Schärennagel einschlagen.


Der erste Platz den wir anvisieren ist von der Wassertiefe her ideal. Hier wurden früher sicherlich U-Boote vertäut. Der Felsen fällt sofort steil ab, an alten, großen Eisenringen wäre gut festmachen.... wenn, ja wenn hier zwischen den Schären nicht so ein Düseneffekt wäre, der unser Boot immer an den Felsen drücken würde. Nach einem kleinen internen Hickhack entscheiden wir uns gegen diesen Ort.

Wir verlassen das Hauptfahrwasser, schleichen uns ganz langsam in eine kleine Bucht. Dahinten sieht es ideal aus. Unser Tiefenmesser ist anderer Meinung. Er piept unaufhörlich, 0,3, 0,2 Meter unter dem Kiel. Ich sehe vom Bugspriet aus, dass es noch flacher wird.


Halt, stopp, sofort zurück! Wir versuchen eine andere Stelle mehr am Rande der Bucht. Vorsichtig drehen wir eine Runde, alles sieht gut aus. Mein Skipper schmeisst den Heckanker und prüft, ob dieser hält, indem er kurz die Ankerleine belegt und den Anker einfährt.

Ich stehe mit der Vorderleine sprungbereit auf dem Bugspriet und warte angespannt auf die richtige Sprungentfernung. Kommando aufstoppen! Jetzt! Schnell lege ich die Leine um einen Felsen. Mein Skipper hat die Ankerleine belegt, dann noch eine zweite Vorleine um einen kleinen Baum. Da der Wind drehen soll schlagen wir zudem einen Schärenanker für eine dritte Leine ein. Danach ist ausgiebig schwimmen angesagt. Ein perfekter Platz, ein perfekter Tag, eine perfekte Nacht.

Am späten Morgen machen wir uns auf nach Öland.

Geschützter Platz im Hafen gesucht

Der vorhergesagte Wind lässt auf sich warten. Es ist so heiß im Cockpit, dass wir uns treiben lassen und mitten auf der Ostsee baden gehen. Der Wind erinnert sich dann doch, dass er wehen wollte und wir segeln nur unter Genua Grönhögen, dem südlichsten Hafen Ölands entgegen. Der Wind will sein verspätestes Kommen ausgleichen und brist allmählich auf bis Windstärke 6. In der Hafeneinfahrt und im Hafen steht eine beachtliche Welle. Wir legen an und bunkern erst einmal Wasser.

Da merken wir, dass die Wellen im nach drei Seiten geschlossenen Hafenbecken Billiard über die Bande spielen - gute Voraussetzungen für Rodeoritt am Kai. Wir verholen uns an eine andere Stelle, in der Hoffnung, dort etwas ruhiger zu liegen. Ein Irrtum! Dann kommt auch noch der Hafenmeister und empfiehlt uns dringend, lieber auf der anderen Seite des Hafenbeckens anzulegen. Dort hätten wir eine wundervoll ruhige Nacht und unser Boot wäre sicher. Denn der Wasserspiegel würde sinken.

 

Doch das könnte in der Tat ein Problem werden, denn die Kaimauer ist im oberen Teil zwar mit Holz verschalt, aber für unser Boot ein zu kurzes Stück. Bei sinkendem Wasserspiegel würden unsere Fender unter die Verschalung geraten. Also dritter Anleger im Hafen, hier ist die Verschalung etwas tiefer, aber nur etwas.

Der Rodeoritt geht hier erst so richtig los. Alle Fender sind im Einsatz, Emaloca geigt hin und her, wir haben Angst, dass sie an die Steine der Kaimauer schlägt. Innerhalb kürzester Zeit sind zwei Fendersocken zerissen. Von Bord gehen ist undenkbar. Der Hafenmeister hat aber insofern recht, dass der Wind irgendwann nachlässt und wir eine ruhige Nacht haben. Bis das Theater am nächsten Morgen noch heftiger wieder anfängt. 

Der vierte Anleger

Der Hafenmeister kommt und empfiehlt uns dringend für die Sicherheit unseres Bootes doch im Fischerhafen anzulegen und zeigt einen Platz, den wir nehmen könnten. Hätte er uns das nur einen Tag früher gesagt. Beim Ablegen klemmt sich doch noch ein Fender unter die Verschalung ein und demoliert fast unserer Reling. Durch schnelles Aufstoppen hält sich der Schaden in Grenzen. Im Fischerhafen liegen wir dann wirklich ruhiger und machen uns mit den Fahrrädern auf, den Süden Ölands zu erkunden.

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