Anke von der Emaloca

Schwedische Ostschären – viel mehr als nur ein Felsenlabyrint

(11 – 2022) Wir haben den Göta-Kanal noch nicht richtig verlassen, schon geraten wir in eine Polizeikontrolle - Interpol-Fahndung. Danach endlich tagelanges, entspanntes Bummeln durch die schwedischen Ostschären. Ein ärgerlicher Zusammenstoß mit einem total aggressiven Schweden kann unsere friedliche Stimmung letztlich nicht trüben.

Ihren Ausweis bitte


Wir haben die letzte Schleuse des Göta-Kanals bei Mem noch nicht verlassen, da bittet uns die Schleusenwärterin nach der Schleusung noch einmal anzulegen, die Polizei wolle etwas kontrollieren. Aber keine Sorge, wir hätten nichts gemacht. Zehn (!) Polizisten warten am Steg. Fünf kommen zu uns, fünf gehen zu dem anderen Boot. Sie bitten um unsere Ausweise.

Gerd bekommt seinen sofort wieder, aber auf meinen Ausweis starren die Polizisten und diskutieren. Immer wieder höre ich meinen zweiten Vornamen Maria. Mein Kopf fängt allmählich an zu ticken: Viele Anti-AKW-Demos besucht, auch mal gekifft (aber wie Bill Clinton natürlich nur gepafft und nie inhaliert) und noch so einiges schießt mir durch den Kopf.


Schließlich frage ich, was denn um Himmels Willen über mich alles in ihrem Computer steht?

Fünf Polizistenköpfe drehen sich zu mir um, gucken mich an und - fangen an zu lachen. Ihr Chef habe ihnen nur erklärt, wie die Interpolfahndung in ihrem Computer funktioniert. Wenn man meinen Namen eingibt, ploppen z.B. alle gesuchten Personen mit dem Namen Maria auf. Ach, so …

Eintauchen in die Schären


Uns fällt für die Kontrolle nur eine Erklärung ein: wir sind zu Übungszwecken benutzt worden. Denn mal ernsthaft, welche per Interpol gesuchte Person würde im Göta-Kanal mit seinen 58 Schleusen untertauchen? Wäre da nicht eher das unzählige Schärengewimmel die bessere Wahl? Da wir nun amtlich bestätigt wissen, dass wir nicht auf der Interpol-Fahndungsliste stehen, tauchen wir dort ab.

Die Langsamkeit des Göta-Kanals bleibt uns in den Schären erhalten. Herrliches Sommerwetter, fehlende oder aus der falschen Richtung kommende Winde tun ihr Übriges dazu. Eine echte Perle ist z.B. der St. Anna-Skärgard mit unzähligen Schärenankerplätzen, einer schöner als der andere.

Im Blaubeerhimmel


Einen Tag legen wir im kleinen Hafen Uvmarö auf Norra Finnö mit nur einer Handvoll Gastliegerplätzen an. Bei der Wanderung durch einen bezaubernden Naturwald geraten wir in ein Blaubeerparadies. Wir essen uns satt und pflücken was das Zeug hält.

Ach du alter Schwede


Dann liegen wir wieder an einer Schäre, genießen die Aussicht und denken an nichts Böses. Plötzlich kommt ein kleines Motorboot direkt auf uns zugeschossen, dreht kurz vorher ab, damit wir einen richtig schönen Wellenschwall abbekommen. Ich springe auf, laufe zum Bug und sehe, es fehlen nicht viele Zentimeter und Emaloca wäre an den Felsen geknallt. Fassungslos brüllen wir hinter dem Boot her. Er am Steuer guckt böse zurück, eine Frau mit Hund im Schoß wirkt teilnahmslos.

Nochmal der alte Schwede


Beklommen gucken wir uns an und können es nicht fassen. Warum macht jemand so etwas? Ungefähr 2 Stunden später kommt das Boot aus der anderen Richtung zurück. Wieder diese Welle, aber sie halten an. Die Frau hat wieder den Hund im Arm und erklärt uns, dies sei ein Verkehrsweg, sie seien Einheimische und wir müssten woanders anlegen.



Ich frage immer nur ganz freundlich aber unglücklich: ‚Warum sind sie so aggressiv? Warum sind sie so aggressiv?‘ Doch ehe es zu einem Gespräch zwischen ihr und mir kommen kann, macht ihr Mann ein eindeutiges Zeichen mit der Hand, dass ich nicht ganz dicht bin, gibt Gas und sie brausen davon. Wer so einen Mann hat, braucht wahrlich auch einen Hund zum Kuscheln!

Sicherheitshalber verholen wir uns an einen anderen Platz. Am nächsten Tag kommt mein Cousin Ernst mit Ingrid vorbei. Er hat uns vor Jahren dazu animiert, doch ein eigenes Boot zu kaufen.

Kupa Klint – eine historische Wegmarke


Wir schlängeln uns entlang von Felsen zur Schäre Kupa Klint. Von ihrer Kuppe aus bietet sich uns ein fantastischer Ausblick über die Schärenwelt.

Man kann von hier die Wasserwege sehen, auf denen schon vor mehr als 1000 Jahren Menschen gerudert oder gesegelt sind, eine faszinierende Vorstellung.

Nach einer Nacht im kleinen Hafen Gryt trennen sich unsere Wege wieder.

Wir tingeln weiter.

Danach geht es nach Bullerby und dann nutzen wir das große Segelboot unserer holländischen Segelfreunde Tom und Marie-Claire als Blitzableiter. Doch das ist eine andere Geschichte.

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Den nachfolgenden Text habe ich 2018 geschrieben – und ich finde ihn nach wie vor aktuell. Das deutsche historische Museum Berlin hatte zu einer Blogparade aufgerufen: „Europa und das Meer.“ Das Thema ist meinem Skipper und mir eine Herzensangelegenheit. Wir sind im Sommer immer drei bis vier Monaten mit dem Segelboot auf der Ostsee unterwegs. Der Text erzählt, wie wir uns als Europäer mit dem Meer verbunden fühlen, was wir vom Meer lernen und was wir verlieren können, wenn Europa nicht zusammenhält und seine Werte verrät.
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