Anke von der Emaloca

Tage wie diese – von Aalborg weiter durch den Limfjord

Wir kämpfen uns langsam weiter vor Richtung Thyborön, unserem Absprunghafen nach Norwegen. Schöne Tage und Tage, die man am besten mit Humor nimmt. Dazu auch ein sehr verstörender Abend im Hafen von Lögstör mit einem „Mann über Bord“ Erlebnis und schließlich Rennziegen, die unserer Grübelei ein Ende setzten.


Kunst in Aaalborg

Wir waren das zweite Mal in Aalborg, es lohnt sich. Stundenlang schlenderten wir durch das Kunsten Museum of Modern Art Aalborg.

Auch das Utzoncenter bietet neben Informationen zur Arbeit des Architekten Utzon (er hat die Oper in Sidney entworfen) spannende Ausstellungen, aktuell über Sommerhäuser.

Weiter ging es nach Lögstör, natürlich mit Regenschauern. Da die Brücke auch erst 20 Minuten nach unserer Ankunft öffnete, drehten wir zusammen mit einem anderen Boot geduldig im Nieselregen unsere Runden. Um uns herum mindestens 5 Seehunde, manchmal nur die Schnauze aus dem Wasser haltend, manchmal ihren silbrig glänzenden Fisch zwischen ihren Fangzähnen zeigend. Abgesehen von ihren runden Kulleraugen, erkennt man deutlich: sie sind die größten Raubtiere in Deutschland.

Unser wunderbarer Waschsalon


Endlich festmachen im Kanalhafen. Wir wollten die Waschmaschine nutzen und die Wäsche in der Kuchenbude aufhängen, war doch die Luftfeuchtigkeit im Boot inzwischen wieder auf 85 % gesunken. Mein Skipper hatte aber zu viel Geld in den Automaten geworfen. Kein Problem, dann wechseln wir eben die Bettwäsche und waschen die auch, es gibt ja auch einen Trockner. Eine Ladung Wäsche baumelte schon in der Kuchenbude.


Abends um 22 Uhr hatte der Trockner sein Programm „Schrankfertig trocken“ endlich beendet. „Houston wir haben ein Problem“ meinte Gerd nur lakonisch, „die Wäsche ist warm, aber nass!“ Kaum zu glauben, wieviel Platz so ein kleines Boot zum Wäsche aufhängen bieten kann. Luftfeuchte: 100 %!

Mann über Bord


Am nächsten Morgen schnell die Fahrräder ausgepackt und zur Nordsee geradelt. Sonniger Mittagsschlaf in den Dünen. Abends 60 km in den Beinen, müde und zufrieden. Ein großes, hohes Motorboot kam so gegen 21 Uhr noch in den Hafen. Wir hörten ein lautes Klatschen, da ist jemand ins Wasser gefallen! Und nun kommen 2 Geschichten parallel.


Der Vorfall passierte zwar fast auf unserer Höhe, aber mehr auf der anderen Seite des Kanals, mindestens 20 Meter von uns entfernt. Ein schwer übergewichtiger Mann trieb wie ein Sektkorken im knapp 16 Grad kaltem Wasser.


Er machte keinerlei Anstalten zu dem nur ein paar Meter entfernten Boot oder ans Ufer zu schwimmen, auch kein hektisches Paddeln oder Panik war zu bemerken. Er trieb einfach wie ein Sektkorken im Wasser. Wir schauten fassungslos zu, was könnten wir machen, wie helfen?!

Das Motorboot setzt zurück, der Skipper wirft ihm eine Feststoffschwimmweste zu, die der Mann jedoch nicht einmal zu bemerken scheint. Sie treibt an ihm vorbei. Der Skipper wirft ihm einen an einer Leine befestigten Rettungsring hin. Der Mann hätte nur zwei Schwimmzüge machen müssen, aber er zeigt wieder keine Reaktion. Alle Instinkte sind wie ausgelöscht. Zu viel Alkohol? Wir wissen es nicht.



Inzwischen steht eine Frau im Badeanzug auf ihrem Boot und ruft „Can he swim?“ Keine Reaktion! Der Skipper holt den Rettungsring wieder ein und wirft dem treibenden Mann den Ring fast direkt vor das Gesicht. Endlich, ganz langsam ergreift er den Ring und lässt sich zurück an Bord ziehen.

Verlasst sofort den Hafen!


Während der Rettungsaktion ruft uns ein Däne, vielleicht etwas älter als wir, zu, ob wir eine Schwimmweste hätten. Natürlich haben wir eine Automatikweste an Bord, aber was will er damit.?! Seine Forderung wird immer eindringlicher. Ich sage ihm, wir hätten eine Automatikweste und wir verstünden nicht, was er damit wolle.


Zur Erklärung: eine Automatikweste ist wie ein dicker Kragen um den Hals. Wenn man damit ins Wasser fällt, bläst dieser sich auf und der Kopf wird sicher über dem Wasser gehalten. Sie ist aber überhaupt nicht geeignet um damit zu schwimmen.

Der Däne beschimpft uns auf das Heftigste, wir sollten sofort den Hafen verlassen. Auch als der Mann schon längst wieder an Bord ist, pöbelt er weiter. Wir hätten ihm gefälligst die Weste geben müssen und wieder: „Verlasst sofort den Hafen!“ Und dann noch: „Geht gefälligst da hin, wo ihr herkommt!“ Das dänische Paar im Boot neben uns ist abgetaucht.



Was hätten wir tun können?


Zum Glück spricht ihn dann aber ein Mann an Land an und lenkt ihn ab. Beklommen kriechen wir in unsere Koje und schlafen schlecht. Zum einen, weil wir noch darüber grübeln, ob und wie wir hätten helfen können, zum anderen wegen der Beschimpfungen. Er hat gezielt uns Deutsche herausgepickt und nicht seine Landsleute, die direkt neben unserem Boot lagen!

Morgens in aller Frühe verlassen wir den Hafen. Auf der Weiterfahrt diskutieren wir immer noch und kommen zu dem Schluss: Nein, wir waren zu weit weg, wir hätten nichts tun können. Und dem Dänen unsere Rettungsweste zu geben und der wäre damit vielleicht wirklich ins Wasser gesprungen …. Dann hätten zwei Menschen im Wasser getrieben und geborgen werden müssen. Ein komisches Gefühl bleibt aber.

Wenn die Rennziegen kommen


Das schlechte Gefühl löst sich erst im Hafen von Thisted. Ein paar Stunden nach unserer Ankunft mischen echte Rennziegen den Hafen auf. Ohne Motor, nur unter Segeln fahren sie Anlegemanöver in die Boxen. Wow! Die Hafeneinfahrt ist offensichtlich das Ziel der Regatta rund Mors. Direkt neben uns legen die Sieger an. Neun Mann an Bord, alle in orange gekleidet, eine volle Ladung Testosteron, Adrenalin und Euphorie kommt da zusammen!

Eigentlich liegen wir am Ende des Steges aber neben uns finden dann auch noch 2 weitere Boote Platz, gutes Mittelfeld und etwas entspannter. Die windzerzauste und durchnässte Crew war damit beschäftigt, Chips aus dem Cockpit zu puhlen, die hatten ihre Cockpitentwässerung verstopft. „Do you want a rhum?“ Ihre Augen leuchten, „Yes!“ Na denn: „Skal!“

Wenn der Marinehubschrauber kreist


Während ich diese Geschichte aufschreibe, kreist kurz vor der Hafeneinfahrt ein Marinehubschrauber, die Seitentür ist offen. Wir liegen inzwischen im kleinen Hafen Jegindö, ca 25 sm vor Thyborön. Ist das eine Übung? Er schwebt einige Zeit auf der Stelle. Dann schließt sich die Tür, er dreht wieder ab.


Kurz darauf kommt ein kleines Motorboot mit Anglern in den Hafen. Einer hat eine aufgeblasene Rettungsweste um den Hals, offensichtlich wieder ein „Mann über Bord“-Vorfall. Der Rettungshubschrauber wäre wohl zum Einsatz gekommen, wenn der Mann nicht wieder an Bord gekommen wäre.



Mal ganz ehrlich, uns reicht eigentlich schon das Aprilwetter, da braucht man nicht noch sowas!

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