Anke von der Emaloca

Thyborön, das Tor zur Nordsee - auch für uns?

Thyborön! Der Name hatte für mich immer einen besonderen Klang. Das kommt aus den Zeiten, wo es noch kein windfinder, seaman oder windy gab und wir auf einem Törn (meist durch die dänische Südsee) noch dreimal am Tag den Seewetterbericht hörten. Thyborön klang kalt, windig, wild aber vielleicht gerade deswegen immer interessant.

Spannungsvoll


Nun sind wir im Hafen von Thyborön und es ist kalt, windig, wild aber auch spannend, schön und unverfälscht. Wir kamen vom Limfjord und sahen zuerst eine große Chemiefabrik, dann kamen Fischfabriken, Silos, Fabriken die Fischmehl und -öl herstellten mit entsprechenden Gerüchen … . Auf der anderen Seite Sandbänke mit Seehunden und Windrädern.

Kein Platz für Fischerromantik


Ehe man zum Yachthafen am Ende der ganzen Hafenanlage kommt, passiert man eine Kette von großen Arbeitsschiffen, Fischerbooten und Trawlern. Das Hafengebiet selbst ist riesig. Wir sind froh unsere Klappräder dabei zu haben.  

Hier ist nichts von Fischerromantik zu spüren, hier sieht man die Realität, hart arbeitende Menschen, überall wird geschweißt und gehämmert. Wir radeln entlang von ausgelegten Fischernetzen, die sicher eine Länge von 100 Metern haben. Wir sehen die riesigen Scherbleche, die über den Meeresboden schleifen, um die Schollen zu fangen.

Unsere Zweifel, ob es ökologisch überhaupt vertretbar ist, noch Fisch zu essen, erfahren einen weiteren, drastischen Schub. Und dennoch gehen wir in das Fischgeschäft im Hafen und kaufen dort mehrfach so frischen Fisch, wie wir ihn wirklich sehr selten bekommen haben. So viel zur Konsequenz menschlichen Handelns.

Weitsicht



Die Wellen der Nordsee können bei Westwinden von Island an einen langen Anlauf nehmen. Da lernt man einen so gut geschützten Yachthafen zu schätzen. Über den modernen Sanitäranlagen liegt die Skipperstube. Hier hat man einen fantastischen Panoramablick bis auf die Nordsee. Ankommende Schiffe oder Segelboote sind schon von Weitem zu sehen.

Lässt man den Blick über die Mündung des Limfjordes schweifen, kann man Delfine und Seehunde beobachten oder zusehen, wie sich Seeschwalben senkrecht ins Wasser stürzen, kurz abtauchen und dann mit oder ohne Beute davonfliegen.

50 Meter vom Yachthafen, gleich hinter der Mauer, fängt ein ewig langer Strand an. Bunkeranlagen, die Überbleibsel des sogenannten Atlantikwalls aus dem Zweiten Weltkrieg sind nicht zu übersehen.

Ab-Schlachten


Hier hat auch die brutale Seeschlacht aus dem 1. Weltkrieg stattgefunden, bekannt unter dem Namen „Die Schlacht von Skagerrak“. Die größte Seeschlacht der Weltgeschichte dauerte gerade mal vom 31. Mai bis zum 1. Juni. Deutsche und britische Schlachtschiffe stießen hier aufeinander, versenkten sich gegenseitig und am Ende waren in gerade mal 1,5 Tagen ca. 9.000 Mann tot. In einem Museum kann man sich diesem Wahnsinn nähern. 

Unvergleichliches Licht


Während wir auf ein geeignetes Wetterfenster für unsere Überfahrt zur Westküste Norwegens warten, machen wir Fahrradtouren durch die karge und doch so - oder gerade deswegen - fantastische Landschaft. Dünen, Binnenseen, das ewige Rauschen der Brandung und dieses unvergleichliche, nicht zu beschreibende helle, hellblaue Licht … Wir saugen diese Bilder, Geräusche und Farben förmlich in uns auf.


So geht es nicht weiter!


Aber nach fünf Tagen Thyborön fällen wir eine Entscheidung. Wir werden nicht nach Norwegen segeln! Zum einen ist immer noch kein Wetterfenster für einen ca. 24- stündigen Törn zur Westküste in Sicht. Von den Windverhältnissen her könnten wir zur Südküste Norwegens segeln. Dann müssten wir da weiter auf geeignete Bedingungen warten, um den heiklen Punkt Lindesnes Fyr zu umrunden. Wir kennen die „norwegische Riviera“ von unserem letzten Norwegentörn, sie ist schön, ist aber dieses Mal nicht unser Ziel gewesen.

Sehnsucht nach Sommer


Zum anderen sind die Wetteraussichten in Norwegen ziemlich bescheiden. Heute ist ein Norweger in den Hafen gekommen und bestätigte, dass dieses Jahr echt kein Sommer in Norwegen sei. Die untergehende Sonne, nur ausnahmsweise mal zu sehen, trügt. Es ist bitterkalt!

Wir sind nun schon 4 Wochen unterwegs. Den Sommer haben wir nur an einem halben Tag in Bönnerup gefühlt. Es ist immer eine verdammte Grundkälte in der Luft und Regen hatten wir auch genug. Wir haben kein einziges Mal geankert, sind wegen Kälte und Nässe auch gar nicht auf die Idee gekommen. Ein Sommersegelfeeling hatten wir nur an unserem 1. Segeltag nach Marstal.


Statt Norwegen nun der Götakanal


Unsere holländischen Segelfreunde, die jetzt schon bei Stockholm sind, kommentieren unsere Berichte: „Wir möchten nicht mit euch tauschen.“ Oder: „Wir sind ganz zufrieden mit unserer 65+ Tour.“ Und so etwas machen wir jetzt auch! Nach langem Hin und Her haben wir uns entschieden: Auf zur schwedischen Westküste nach Göteborg, von da durch den Götakanal tingeln bis zur schwedischen Ostküste südlich von Stockholm – und dann sehen wir weiter!

Share

von Anke von der Emaloca 5. Juni 2025
(3 + 4 - 25) „Gerd, guck mal. Ist das da eine Plattform oder ein Boot? Fährt das Ding?“ Wir gucken abwechselnd durch das Fernglas. „Das ist ein U-Boot!“ Einige Zeit später: „Es kommt auf uns zu und wird unseren Kurs kreuzen!“ Wir sind leicht angespannt.
von Anke von der Emaloca 28. Mai 2025
(2-25) ‚Dadumm, dadumm‘! Irritiert schauen wir uns an. „Hier ist kein Schießgebiet! Hier ist kein Schießgebiet!“ wiederholt Gerd leicht irritiert. „Das Boot hat vibriert!“ springe ich auf und sehe in unserem Kielwasser ein dickes, dunkles Holzbrett mit rotem Rand in den Wellen tanzen. „Container werden hier ja wohl nicht herumschwimmen …“
von Anke von der Emaloca 18. Mai 2025
(1-25) Das fängt ja gut an! Die Sonne lacht, der Wind kommt so sanft von hinten, dass wir unseren Gennaker hochziehen können. Wir gleiten freudig dahin, bis ich am Horizont ein Militärboot entdecke. Sollte diese Fregatte etwa ein dunkles Vorzeichen für unsere Reise in die baltischen Staaten sein?