Anke von der Emaloca

Von Lettland zurückgekämpft nach Schweden

(8-2021) Seit Mitte Juni sind wir nun unterwegs. Gab es anfangs oft wunderschöne Leichtwindsegeltage hat sich seit Lettland das Blatt gewendet. Die Wetterlage ist so unbeständig und die Windverhältnisse ändern sich kleinräumig, dass es nicht einfach ist, längere Törns zu planen. Der Wetterbericht vom Abend hat am Morgen oft schon keinen Bestand mehr.

Inzwischen kreuzen wir zwischen schwedischem Festland nach Ölland hin und her und warten auf Wind aus der richtigen Richtung – aber er kommt nicht einmal aus der falschen. Dafür geraten wir heute in eine Oldtimerrallye, werden von Prominenz überrascht und mutieren zu Paparazzis.


Von Ventspils nach Gotland


Um von Ventspils wieder zurück nach Gotland segeln zu können, vergingen so einige Tage. Als wir endlich weiter konnten und dies dem Hafenmeister verkündeten, meinte er nur „Really“ und schenkte uns grinsend einen Hafenwimpel.


Knapp 90 sm lagen vor uns, so dass es morgens um 5 Uhr hieß „Leinen los!“ Zunächst rumpelten und geigten wir in alter Welle gegen neue Welle. Mein Magen dachte, er fährt Achterbahn. Es kam zwar nicht zum Fische füttern aber mir war – um es einmal vornehm auszudrücken – ‚sehr plümerant‘.

Nach einem Drittel der Strecke war die elende Kreuzsee endlich vorbei. Mein Skipper meinte strahlend: „Jetzt sind die Wellen doch toll!“ und begeisterte sich an unserer Geschwindigkeit von 6 bis 7 Knoten.


Ein kurzes Heben meiner Augenbrauen und er schwieg, nur noch einmal leise flüsternd: „Falsches Thema, was? Tut mir leid!“ Gegen 18:00 Uhr im Farösund war die Welle weg und meine Laune und der Appetit sofort wieder da.


Von Gotland zur schwedischen Ostküste


Wie Ventspils vorher ließ uns nun Gotland nicht los. 5 Nächte lagen wir im wunderschönen Hafen von Lickershamn. Inzwischen war unser Segelfreund Hans zu uns gestoßen. Wir vertrieben uns die Zeit mit herrlichen Wanderungen entlang der Steilküste, Grillen, Baden und Wein trinken.


Likkershamn Hafen in der Nachsaison

Für einen besseren Windwinkel zum Festland hangelten wir uns 15 sm weiter nach Visby, Öland. Mittags sollten heftige Gewitter kommen, daher machten wir uns schon vor 6 Uhr auf den Weg. Doch um halb neun, fast schon vor der Einfahrt zum Hafen, ergoss sich dann ein heftiger Regenschauer. Die Sicht war weg, es krachte gewaltig über unseren Köpfen, auch die Blitze waren nicht von schlechten Eltern.

Visby, geflutet von Freigängern zweier Kreuzfahrtschiffe, entfaltete erst seine Schönheit, als diese wieder auf ihr Schiff zurückgetutet wurden.


Die Schärenidylle entschädigt


56 sm lagen zwischen Visby und den Schären. Morgens kaum aus dem Hafen ausgelaufen, gab der Wind uns heftig einen auf die Mütze. Reffen, reffen, reffen! Gut 2 Stunden später war der Spuk vorbei, alles ausreffen! Nachmittags dann kein Wind mehr, Segel runter – dafür Regen. Dann endlich eintauchen in die Schärenwelt und sofort waren wir wieder in ihren Bann gezogen.


Klintemala, Paskallavik und Stora Rör


So urig wie die Namen klingen, so urig sind auch die Häfen. Klintemala, ein kleiner Bullerbyhafen! Leider hat das Café kürzlich schon für diese Saison geschlossen. 10 Menschen wohnen hier das ganze Jahr, im Sommer 100. Wir bekommen vom Hafenmeister Rabatt in Naturalien. Auch sein kleiner Kiosk hat zu und er verschenkte die Restware: Milch, Organgensaft und Kartoffeln für uns, ein Pfund Butter für Hans.


Ebenso bezaubernd ist Paskallavik. Ein alter Steinverladehafen mit einem urigen Café in einer alten Werkshalle hat noch geöffnet. Abends auf einer kleinen, vorgelagerten Schäre erwacht eine lebensgroße Charlie Chaplin Figur des Künstlers Källström mit Flashlight zum Leben: ‚Als die Bilder laufen lernten!‘


Jetzt liegen wir im Hafen Stora Rör mit einer hervorragenden Surdegsbagerie: Brot und Brötchen vom Feinsten und erst die Kanelbullar…

Direkt vor unserem Boot führte heute die Kungsrallye Öland vorbei. Oldtimer vom Fiat 500 bis hin zu Rolls Royce und anderen Schätzen rollten langsam an uns vorbei.

Mittendrin in der Parade in einem alten Volvo das Königspaar und keine sichtbaren Bodygards oder Scharfschützen auf dem Dach. Auch kein neugieriger Menschenauflauf. Bei uns undenkbar, oder?


Immer nur Lächeln miss auch ganz schön anstrengend sein!

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Den nachfolgenden Text habe ich 2018 geschrieben – und ich finde ihn nach wie vor aktuell. Das deutsche historische Museum Berlin hatte zu einer Blogparade aufgerufen: „Europa und das Meer.“ Das Thema ist meinem Skipper und mir eine Herzensangelegenheit. Wir sind im Sommer immer drei bis vier Monaten mit dem Segelboot auf der Ostsee unterwegs. Der Text erzählt, wie wir uns als Europäer mit dem Meer verbunden fühlen, was wir vom Meer lernen und was wir verlieren können, wenn Europa nicht zusammenhält und seine Werte verrät.
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(11-24) Vor allem ich merkte, der Speicher ist voll. So viele Eindrücke, Erlebnisse, Kontakte … ich konnte eine Auszeit nach dem Motto „Urlaub von der Reise“ gebrauchen. Prompt verordnete der Wind uns eine Pause von über einer Woche! Und danach kam das Museum Lousiana bei Kopenhagen. Wow!