Von der norwegischen Riviera in den westschwedischen Schärengarten
(9-24) „Anke, es ist Wind!“ säuselt mir mein Skipper morgens um 5 ganz leise ins Ohr. Eine Stunde später verlassen wir Verdens Ende in Norwegen, das Ende der Welt. Wir segeln rund 25 sm bis zur schwedischen Grenzstadt Strömstad. Lebensmittel (und Wein) bunkern ist angesagt – und natürlich auch der Rückblick auf die norwegische Riviera.
Lohnt sich die norwegische Südküste?
Eindeutig ja – mit einem großen Aber. Wir haben uns viel Zeit gelassen, nicht zuletzt, weil auch der Wind Sommerpause gemacht hat. Waren wir auf dem Hinweg eher von starken Winden und viel Regen ausgebremst und haben dafür tolle kulturelle Erlebnisse in den Städten genossen, ist es nun die Natur, von der wir uns begeistern lassen, wenngleich auch immer mal ein „weißes Städtchen“ dabei ist.
Wenn es für ein paar Stunden achterliche Winde gab, ließen wir uns mit unsere Genua zu einem der vielen schönen Schärenplätze ziehen. Direkt am Felsen oder an einem Steg gelegen, genossen wir es zu baden, zu wandern, zu lesen oder einfach nur zu träumen.
Obwohl nicht Fjord Norwegen, sind die Schären ganz schön hoch und auch das Hinterland ist gebirgig, fantastische Ausblicke überall. Das hatten wir auf unserem Törn vor 5 Jahren gar nicht so wahrgenommen.

Im Juli ist Hochsaison, die Südküste ist bei den Norwegern wegen ihres milden Klimas sehr beliebt. Die Westküste ist viel regenreicher und stürmischer. So waren wir selten allein am Ankerplatz. Die Norweger scheinen sich nicht daran zu stören, dicht an dicht am Felsen zu liegen, Hauptsache man kann sich in der Sonne aalen.
Jetzt kommt das ‚Aber‘
Woran wir uns nicht gewöhnen konnten: Es sind extrem viele Motorboote in der Hochsaison unterwegs. So rücksichtsvoll die norwegischen Autofahrer (die ganz oft E-Autos fahren) Fußgängern und Fahrradfahrern gegenüber sind, so viele nette und interessannte Begegnugngen wir mit Norwegern hatten – auf dem Wasser lassen sie die Sau raus.
Auch die kleinen Boote, die nur zum Einkaufen für das Schärenhaus genutzt werden, haben selten unter 50 PS. Die größeren Motorboote haben mindestens 150 PS und mehr. Wir haben auch schon welche gesehen mit 2 x 375 PS. (Ein Polizeiboot hatte 2 x 600 PS, es hätte sonst auch keine Chance mitzuhalten.) Schon Kinder brettern mit Motorbooten um die Wette durch die Gegend.
Mein Skipper: „Sie zersägen mit ihrem Krach die Schönheit ihrer Natur“
Die PS werden voll ausgenutzt. Wenn es Geschwindigkeitsbegrenzungen auf 5 Knoten gibt, werden diese von den meisten nicht eingehalten. ‚Freie Fahrt für freie Bürger‘ heisst es für unsere Autobahnen, weshalb wir keine Geschwindigkeitsbegrenzung hinbekommen. In Norwegen scheint es für die Wasserwege zu gelten.
Die Motorboote sind laut und machen einen unangenehmen Wellengang und Schwell. Für ein Segelboot ist das richtig ätzend. Man schaukelt hin und her und die Segel schlagen. Die vielen großen Motorboote sind dazu noch eine optische Umweltverschmutzung, die einem Sicht und Sonne rauben.




Das Ende der Welt – ein schöner Abschluss für Norwegen
Der kleine Hafen am Ende des Oslo-Fjordes liegt geschützt hinter Felsen. Wie viele hunderttausende von Jahren haben Gletscher wohl gebraucht, um diese Felsen so glatt zu polieren?
Kein Strauch und erst recht kein Baum können hier Fuß fassen. Wir machen eine kleine Küstenwanderung und sind uns einig: ein würdiger Abschluss für unseren Norwegentörn.

Die schwedische Westküste empfängt uns nach einem Sonnentag mit starken Regengüssen und noch stärkeren Winden. 3 Meter Welle im Skagerrak sind vorhergesagt und 20 bis 40 Knoten Wind (Windstärke 5 bis 8). Wieder einmal „Near gale warning“ von Freitag bis Sonntagnacht. Wir liegen im Hafen von Grebbestad mit 2 Bojen gesichert und wettern, wie gewohnt, ab.
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