Anke von der Emaloca

Widrige Winde – auf der Ostsee und in Europa

(3-24) Schwachwindphasen lösen Starkwindphasen mit heftigen Windböen ab und lassen uns nur langsam gen Norden kommen. Am Anfang waren auch wir es, die einfach noch nicht weiterfahren wollten. Von Samsö, nach Aarhus und dann bis Grenaa. Wind und Wetter sind im Augenblick so beschxxx wie das Ergebnis der Europawahlen.  

Bis jetzt haben wir wahrscheinlich mehr Fahrradkilometer als Seemeilen zurückgelegt. Aber wenn wir auf unseren Törns eines gelernt haben: Geduld und Flexibilität!

Langör, unser Lieblingshafen auf Samsö


33 Seemeilen sind es von Kerteminde nach Samsö. Ein schöner, langer Sommertag auf See, denn unsere Durchschnittsgeschwindigkeit liegt bei unter 4 Knoten (für Landratten: ca 7 km/h bei rund 66 km Strecke). Wie an einer Perlenkette aufgezogen fahren Containerschiffe an uns vorbei. Sie bringen Waren. Wie viele Dinge brauchen wir davon wirklich?

Als wir auf Samsö ankommen, sagt unser Kopf: Morgen weitersegeln, wir waren ja schon mehrmals hier. Unser Herz sagt: Nein! Es zieht uns wie immer nach Issehoved, zur Nordspitze der Insel.

Fahrräder aus-, Picknick einpacken, unterwegs Erdbeeren kaufen und dann bis zu den sanften Hügeln der Endmoränen von Issehoved radeln. Stundenlang sitzen wir dort und lassen uns von sanften Hügeln, türkisem Wasser und unzähligen Bläulingen einfangen. Die Zeit macht Pause.

Unten am Strand dösen Schafe. Eine kleine, zähe Rasse, bei der nicht nur die Böcke Hörner haben und deren Fell von alleine abfällt. Sie halten die wilden Rosen klein, die sich sonst überall ausbreiten würden.

Montessorischule im Hafen


Ein Traditionssegler liegt im Hafen. Mein Skipper kommt mit dem Bordtechniker ins Gespräch und ist begeistert: Als Schulprojekt wurde das Schiff in mehrjähriger Arbeit restauriert. Nun segeln SchülerInnen von der 7. bis zur 9. Klasse damit 27 Tage über die Ostsee.


Sie haben Unterricht, lernen die Grundlagen des Segelns, so dass sie nach dieser Zeit theoretisch das Boot führen könnten. Aber was lernen sie noch alles: Selbstvertrauen, Verantwortung, Teamgeist, Toleranz, Respekt vor den Elementen und der Natur. Was für ein tolles Konzept „Ostseeschule Flensburg“.

Abwettern in Aarhus, der zweitgrößten Stadt Dänemarks


Nur 22 Seemeilen entfernt erwartet uns eine völlig andere Welt. Wieder einmal schleichen wir mehr über das Wasser, als dass wir segeln. Aber nach der Schwachwindphase wird der Starkwind kommen. 29er Böen (Windstärke 7) und mehr sind nichts für uns Fahrtensegler.

Aarhus ist mit 300.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Dänemarks – und einer vielfältigen Museenlandschaft. Es folgen vier anregende Tage mit drei Museumsbesuchen und einem Barockkonzert.


ARoS – Kunstmuseum



Eine Ausstellung mit den vielseitigen Werken von Richard Mortensen, einem der bedeutendsten dänischen Künstler des 20. Jahrhunderts.

Die Künstlerin Sarah Sze hat eine faszinierende Erdkugel aus Monitoren geschaffen, auf ihnen und entlang der Wände läuft ein endloser Strom aus Bildern von unserem Planeten. Lange saßen wir in dem Raum und staunten.

Moesgaardmuseum – Kultur, Natur und Architektur

Die Früh- und Kulturgeschichte der dänischen Besiedlung über die Wikinger bis zum Mittelalter ist spannend aufbereitet. Aber auch schon die Architektur des Museums ist sehenswert.

Museum Ovartaci – Kunst und Geist – Kunst und Psychiatrie


Den Tipp für dieses Museum bekamen wir von einem Dänen, mit dem wir vor dem (wunderschönen) Barockkonzert im Dom ins Gespräch kamen.

Louis Marcussen (1894-1985), der sich später Ovartaci nannte, verbrachte über 50 Jahre seines Lebens in der Psychiatrie. Dort erschuf er um sich herum einen künstlerischen Kosmos.

Zeit seines Lebens war er von anderen Kulturen und Religionen fasziniert. www.ovartaci.dk

Mit diesem von ihm entworfenen und gebauten handbetriebenen Flugapparat wollte er aus dem Gelände der Psychiatrie heraus und über die Aarhusbucht fliegen. Es blieb ein Traum.

Overtaci baute aus unterschiedlichen Materialien  Figuren, denen er Namen gab und die er zu seiner Familie machte.

Abwettern in Grenaa, eigentlich ein Absprunghafen


Nach diesen Kulturtagen gab es mal wieder einen Segeltag. Wir schafften es bis Grenaa. Uns erwischte - entgegen der Wettervorhersage – nur eine knackige Schauerböe, die das Rigg zum Jaulen brachte. Aber wir hatten sie kommen sehen, das Großsegel rechtzeitig geborgen und die Genua zweifach gerefft. Kein Problem für Emaloca!


Nun sind wir schon den dritten Tag hier, es stürmt böig und heftig. Wer nicht unbedingt muss, bleibt im Hafen. Aber morgen können wir weiter, allerdings wahrscheinlich unter Motor, da dann wieder kein Wind ist.


P.S.

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von Anke von der Emaloca 5. Juni 2025
(3 + 4 - 25) „Gerd, guck mal. Ist das da eine Plattform oder ein Boot? Fährt das Ding?“ Wir gucken abwechselnd durch das Fernglas. „Das ist ein U-Boot!“ Einige Zeit später: „Es kommt auf uns zu und wird unseren Kurs kreuzen!“ Wir sind leicht angespannt.
von Anke von der Emaloca 28. Mai 2025
(2-25) ‚Dadumm, dadumm‘! Irritiert schauen wir uns an. „Hier ist kein Schießgebiet! Hier ist kein Schießgebiet!“ wiederholt Gerd leicht irritiert. „Das Boot hat vibriert!“ springe ich auf und sehe in unserem Kielwasser ein dickes, dunkles Holzbrett mit rotem Rand in den Wellen tanzen. „Container werden hier ja wohl nicht herumschwimmen …“
von Anke von der Emaloca 18. Mai 2025
(1-25) Das fängt ja gut an! Die Sonne lacht, der Wind kommt so sanft von hinten, dass wir unseren Gennaker hochziehen können. Wir gleiten freudig dahin, bis ich am Horizont ein Militärboot entdecke. Sollte diese Fregatte etwa ein dunkles Vorzeichen für unsere Reise in die baltischen Staaten sein?