Anke von Emaloca

Willkommen in Fjord Norwegen

(8-2019) An der Südküste Norwegens mit ihrem relativ flachen Hinterland lässt es sich gut entlangtingeln – Häfen, Schärenplätze gibt es reichlich. Damit ist es aber ab der Südspitze Kap Lindesnes erst einmal schlagartig vorbei. Wie eine Trutzburg steht der Leuchtturm auf kahlem Felsen. Hat man das Kap umrundet und fährt die Westküste entlang brechen keine Schären mehr Wind und Wellen. Das Meer endet an ehrfurchtsgebietenden Klippen.


Nach ein paar Meilen ändert sich wieder das Bild – kaum zu glauben, wir sehen Sandstrände und Weiden auf denen Kühe grasen. Doch wiederum nach ein paar Meilen bilden schroffe Felsen die Grenze zum Meer. Aber sie lassen einen unscheinbaren Durchschlupf in eine kleine, ebenfalls Felsen umsäumte Bucht, ohne Karte würde man diesen aber niemals entdecken. In dieser geschützten Bucht legen wir uns an einen Felsen und verbringen eine ruhige Nacht, nur ab und zu durch die Schreie von Graureihern gestört, die damit ihr Revier abstecken.



Kirkehamn, ein traumhaft schöner Ort


Am nächsten Morgen geht es unter Motor nur um die Ecke nach Kirkehamn. Wir sind überrascht über die hohen, kabbeligen Wellen die uns manchmal auf etwas über 2 Knoten Fahrt herunterbremsen. Aber der kleine Ort auf der Insel Hidra liegt sehr geschützt und schlägt uns sofort in seinen Bann. Es gibt wahrlich schlechtere Orte um ein paar Tage Starkwind – der für uns auch noch aus Norden und damit aus der falschen Richtung kommt – abzuwettern.


Der Ausblick auf dem 159m hohen Hagasen über Küste und Bucht nimmt uns dann vollends gefangen. Aber auch an diesem herrlichen Platz entkommt man unserer deutschen Geschichte nicht. Nazis haben hier eine Festungsanlage errichtet, die zum Atlantikwall gehörte. Wir sind verwundert über die doch sehr neutral gehaltenen Informationstafeln.


Es lebe die Kunst


Welch wunderbaren Kontrast hat eine Künstlerin dazu gesetzt mit den beiden „Sma hytter“. Fotos davon haben wir schon in Norwegenprospekten gesehen. Die pinke Hütte ist offen. Eine Sitzbank, ein Tisch, ein paar Bücher und Teelichter bilden das Mobiliar. An der Wand hängt ein Plakat „Hope is a waiting dream.“ Die blaue Hütte ist ganz von einem Bett ausgefüllt und kann für eine Übernachtung gemietet werden.


Bei der Wanderung am nächsten Tag erlebe ich hautnah den Unterschied zwischen atemberaubenden Ausblick und beklemmender Aussicht. Unbedarft bin ich meinem Skipper hinterher gekraxelt und als ich mich kurz vor dem Gipfel umblicke, sehe ich die wirklich fantastische Aussicht, aber direkt vor mir geht es – für mein Empfinden – viel zu steil bergab.


Wie bin ich da hochgekommen, warum hab ich das bloß gemacht und vor allen Dingen: Wie komme ich da bloß wieder runter? Ich weigere mich auch nur noch einen Meter weiterzugehen. Mein Skipper merkt, dass es mir ernst ist (weder Tee noch Schokoladenplätzchen helfen) und ganz langsam mit zusammengebissenen Zähnen machen wir uns auf den Rückweg.



Die Fahrradtour am nächsten Tag ins nur 17 km entfernte Flekkefjord entpuppt sich als eine Bergtour der Tour de France, immer hoch und runter. „Wellcome to fjord norway“ kommentiert unser Bootsnachbar im Hafen lachend meine Tourbeschreibung. Flekkefjord zeigt uns ihr strahlend weißes Sommergesicht mit Streetart im holländischen Viertel.


Der Plan


Nach 4 Tagen nehmen wir Abschied vom uns lieb gewordenen Kirkehamn. Die Starkwindphase ist vorbei und wir können, wenn auch unter Motor, endlich weiter gen Norden fahren. Unser Plan: Nachmittags loszufahren, da sich dann die Wellen beruhigt hätten, 20 sm zu motoren und dort zu ankern um am nächsten Tag den Südwind nutzen und endlich mal unter Segeln weiterzufahren.


Als wir die 20 sm hinter uns hatten kamen wir auf die Idee, doch eine Nachtfahrt bis nach Stavanger zu machen, da ab 22:00 Uhr segelbarer Wind kommen würde. Wir würden dann in etwa um 4 Uhr morgens ankommen – rechtzeitig bevor der Wind wieder unangenehm zunehmen würde. Warum nicht? Schnell etwas Warmes gekocht, gegessen.


Die Abweichung vom Plan


Die Sicht wurde gegen 19 Uhr immer diesiger, es wurde kälter…. „Ach komm, wir fahren nach Sirevag! Da gibt es zwar keinen Yachthafen aber an der Kaimauer kann man festmachen. Dann fahren wir morgen früh um 4 Uhr weiter. So bekommen wir noch ein paar Stunden Schlaf.“ Das klang vernünftig, also abbiegen nach Sirevag. Aber als wir gegen 20 Uhr in den Hafen kamen staunten wir nicht schlecht. Die Kaimauern waren besetzt! Sie waren schön und majestätisch groß; sie lagen teilweise im Päckchen; sie kamen aus Deutschland, Norwegen, Holland, England, Russland oder Polen…: etliche Rahsegler, manche noch größer als die Gorch Fock lagen hier.

Ein wenig hatten wir das Gefühl in eine vergangene Seefahrerepoche geraten zu sein. Aber es war nur das „Tall ship race.“ Die Boote machten hier einen Zwischenstopp zu ihrem nächsten Ziel Bergen und am nächsten Tag war „open ship!“


So klingelte unser Wecker nicht Nachts um 3 um uns zum Weitersegeln zu bewegen. Stattdessen haben wir die deutsche Alexander von Humboldt 2 (www.alex-2.de) und das norwegische Schulschiff Geheimrat Lehmkuhl besichtigt. Bei unserem Rundgang durch den Hafen stellten wir verwundert fest, dass die meisten dieser Rahsegler, relative „Neubauten“ waren und unsere Emaloca mit ihren 41 Jahren eine der ältesten Damen im Hafenbecken war.


Ein paar Infos zur Alexander von Humboldt 2


2011 gebaut für 15 Mio Euro. Jährliche Unterhaltskosten 2 Mio Euro. Finanzierung erfolgt über eine Stiftung. Alle – vom Kapitän bis zum Leichtmatrosen – arbeiten ehrenamtlich, Hand gegen Koje ist die Devise. Zum ehrenamtlichen Stammpersonal kann aufsteigen, wer mindestens 60 Tage auf dem Schiff verbracht und die Ausbildung dort mitgemacht hat. Wer nicht zum Stammpersonal gehört, muss für Ausbildung und Törn zahlen.


P.S.


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von Anke von der Emaloca 22. April 2025
Den nachfolgenden Text habe ich 2018 geschrieben – und ich finde ihn nach wie vor aktuell. Das deutsche historische Museum Berlin hatte zu einer Blogparade aufgerufen: „Europa und das Meer.“ Das Thema ist meinem Skipper und mir eine Herzensangelegenheit. Wir sind im Sommer immer drei bis vier Monaten mit dem Segelboot auf der Ostsee unterwegs. Der Text erzählt, wie wir uns als Europäer mit dem Meer verbunden fühlen, was wir vom Meer lernen und was wir verlieren können, wenn Europa nicht zusammenhält und seine Werte verrät.
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(11-24) Vor allem ich merkte, der Speicher ist voll. So viele Eindrücke, Erlebnisse, Kontakte … ich konnte eine Auszeit nach dem Motto „Urlaub von der Reise“ gebrauchen. Prompt verordnete der Wind uns eine Pause von über einer Woche! Und danach kam das Museum Lousiana bei Kopenhagen. Wow!